Der Rechnungshof kritisiert, dass das Innenministerium zu langfristige Verträge für Asyl-Quartiere abgeschlossen hat. Elf der Betreuungseinrichtungen waren Ende 2020 bei aufrechtem Vertragsverhältnis, also trotz laufender Zahlungen, stillgelegt, drei davon wurden als Depot genutzt. Allein durch die stillgelegten Einrichtungen entstanden dem Bund bis Ende 2020 Kosten von über elf Millionen Euro. Zudem bemängeln die Prüfer in dem aktuellen Bericht, dass es keine Pläne für einen großen Zustrom von Flüchtlingen wie in den Jahren 2015 und 2016 gab.
Der Rechnungshof gesteht zu, dass es gelungen sei, Obdachlosigkeit unter Asylsuchenden zu verhindern, obwohl von September 2015 bis Februar 2016 durchschnittlich 131.500 Geflüchtete pro Monat in Österreich ankamen, wobei es sich beim aller größten Teil um sogenannte „Transitflüchtlinge“ handelte, die in andere Länder weiterreisten.
Zusätzlich wird in dem Report, der auf Antrag der FPÖ erstellt wurde, darauf hingewiesen, dass sich das Innenministerium zu der Zeit in einer „Zwangslage“ befunden habe, die seine Verhandlungsposition geschwächt und den Druck, Vertragsabschlüsse zeitnah zu erzielen, verstärkt habe. So sei nicht immer die für das Innenministerium wirtschaftlich und rechtlich beste Lösung erzielt worden.
Bei elf stillgelegten Quartieren laufen Verträge noch
Bei der Untersuchung ging es um die Grundversorgung im Bund, also um die Zeit des Zulassungsprozesses zum Verfahren. Erst wenn dieser abgeschlossen ist, können die Flüchtlinge in die Grundversorgungsquartiere der Länder überwiesen werden. Seit 2013 hat das zuständige Innenministerium 37 Verträge für neue Betreuungseinrichtungen geschlossen, überwiegend mit privaten Vertragspartnern. 2020 wurden nur noch sieben davon aktiv genutzt, drei erst wieder durch die Notwendigkeiten der Corona-Pandemie aktiviert. Während bei 19 geschlossenen Quartieren die Verträge ausgelaufen waren, waren elf stillgelegt, obwohl die Verträge noch laufen.
Der Rechnungshof merkt hier an, dass einzelne Mietverträge bis zu 15 Jahre gebunden sind. Lange Kündigungsfristen schränkten die Möglichkeiten, auf geänderte Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren, zusätzlich ein. Dem Ministerium wird empfohlen, diese Verträge zu überprüfen und nach Möglichkeit nachzuverhandeln. Wirtschaftlich nachteilige oder unübliche Vertragsinhalte - etwa erhöhte Erhaltungspflichten oder überhöhte Mietzinse - waren für die Prüfer „nur bedingt nachvollziehbar“. Besonders kritisch sieht man die Vertragsabschlüsse zu den Objekten in Steinhaus am Semmering sowie Bergheim und Gaisberg in Salzburg.
Ein spezielles Problemfeld stellen Containeranlagen dar, die während der Flüchtlingskrise errichtet wurden. Denn als diese fertig waren, bestand nicht mehr der Bedarf, den man erwartet hatte. Das Innenministerium verwendete weniger als 30 Prozent der für die Unterbringung von Asylwerbern beschafften 3063 Container für den vorgesehenen Zweck. Der Rechnungshof hätte ein Einsparungspotenzial von 15 Millionen gesehen.
Von 2013 bis 2020 kosteten Quartiere 635 Mio. Euro
Denn billig ist das gesamte System ohnehin nicht. Der unmittelbare Aufwand des Bundes betrug von 2013 bis 2020 rund 635 Millionen Euro. Elf Prozent davon entfielen auf die Mieten. Personal musste während der Krise zusätzliches eingesetzt werden. Später bemühte man sich zwar um einen Abbau, der aber nicht im ausreichenden Maß gelang, wie der Rechnungshof findet.
Allgemein wird von den Prüfern kritisch festgehalten, dass das Ministerium keinen Prozess für Krisensituationen mit einem raschen Anstieg der Antragszahlen festgelegt hatte. So sei auch strategisch vom Ministerium keine Vorsorge getroffen worden: „Es konnte daher nur kurzfristig auf den gestiegenen Unterbringungsbedarf reagieren“, heißt es im Bericht.
Das Ministerium habe zwar über Daten zu Asyl, Fremdenwesen und Grundversorgung verfügt. Eine strukturierte und umfassende Abschätzung der benötigten Kapazitäten sei jedoch nicht vorhanden gewesen. Auch seien Zuständigkeit nicht klar geregelt gewesen. Unterschiedliche Organisationseinheiten des Ressorts seien für die Suche und Eignungsprüfung von Objekten eingesetzt gewesen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.