Fast 14 Monate nach der mündlichen Verkündung hat die Richterin das 1280 Seiten starke Buwog-Urteil zugestellt. Es ist starker Tobak. Vor allem beschäftigt sich die Vorsitzende mit der entscheidenden Frage: Wer gab den Tipp bei der Vergabe der Bundeswohnungen? Wer bekam die zehn Schmiergeldmillionen? Sie kommt zum klaren Schluss: Nur Grasser & Co. konnten es gewesen sein.
Anfang Dezember 2020 verkündete Richterin Marion Hohenecker das Urteil. Nach einem 169 Tage dauernden Prozess, festgehalten auf 16.000 Aktenseiten. Ein Schock für die Hauptangeklagten, denn Karl-Heinz Grasser sollte nach dem Willen des Senates acht Jahre in Haft, Lobbyist Walter Meischberger sieben und Peter Hochegger sechs Jahre.
Beim früheren Finanzminister zählt Hohenecker sieben Gründe auf, die als erschwerend gelten: „Sorgfältige Planung der Taten, eigene Bereicherung bei der Untreue, langer Tatzeitraum und mehrfache Tatbegehung“ ist hier unter anderem zu lesen.
Erfolg der Immofinanz war kein Zufall
420 Tage dauerte es, bis nun das schriftliche Urteil vorliegt. Auf 900 Seiten widmet sich die Richterin der Frage: Wer hat im Juni 2004 verraten, dass die CA Immo 960 Millionen für den Kauf der Buwog bietet? Grasser hat ja bestritten, dass der Tipp, der der Immofinanz mit 961 Millionen zum Geschäft verhalf, von ihm kam.
Für die Richterin gab es keinen Zweifel. Zitat: „Das Beweisverfahren ergab mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit, dass das Österreich-Konsortium genau über das Erstrundenangebot der CA Immobilien Bescheid wusste und daher der Erfolg des Österreich-Konsortiums weder dem Zufall noch einer vorgeblich strategischen Beratung durch die Angeklagten Meischberger und Hochegger geschuldet war, sondern dem Geheimnisverrat Mag. Karl-Heinz Grassers.“
Richterin: Nur Grasser konnte der „Verräter“ sein
Sie wägt Zeugenaussagen gegeneinander ab, zitiert Kalendereinträge und E-Mails. Und wiederholt es immer wieder: Nur Grasser konnte ihrer Meinung nach der „Verräter“ gewesen sein. Was der Ex-Politiker stets bestritten hat. Die Behauptung Grassers, er habe sich nur am Rande um den Bieterprozess bei der Buwog-Vergabe gekümmert, schenkt sie keinen Glauben. Auch nicht in Bezug auf das Schwiegermuttergeld. Die 500.000 Euro gehörten Grasser, ist Hoheneckers klarer Befund.
Ich gehe doch davon aus, dass wir für die Prüfung und die angekündigten Nichtigkeitsbeschwerden genauso viel Zeit bekommen wie die Richterin für das Urteil.
Grasser-Anwalt Manfred Ainedter
Grasser-Trauzeuge Walter Meischberger ist für Frau Rat „die Kommunikationsschnittstellte zwischen Grasser und Hochegger“. Durch ihn war ein „diskreter Informationsaustausch zwischen den Provisionszahlern und -empfängern möglich, diese Tathandlung sicherte die Tatausführung zusätzlich ab“. Abgesehen davon hat er dem ehemaligen Minister Grasser „psychischen Rückhalt“ geboten.
Das Geständnis von Lobbyist Peter Hochegger wertete Richterin Marion Hohenecker keineswegs als strafmildernd: „Die Beweislast gegen Hochegger ist schon zur Anklageerhebung erdrückend gewesen, seine Verantwortung war kein Beitrag zur Wahrheitsfindung.“ Auch den Anträgen betreffend Absetzung wegen Befangenheit nach Twitter-Meldungen ihres Ehemannes widmet sie drei Seiten im Urteil. Doch zum Schluss hatten die Anwälte die „faire und objektive Verhandlungsführung“ gelobt.
Es ist unwürdig, dass die Rechte von Angeklagten auf faire und rasche Verfahren mit Füßen getreten werden. Das Verfahren selbst darf nicht Strafe sein!
Meischberger-Anwalt Jörg Zarbl
Mein Mandant kommt im März nach Österreich, bis dahin ist das Urteil Wort für Wort, Zeile für Zeile durchgeprüft, und dann verfassen wir die Berufung und Nichtigkeit.
Hochegger-Anwalt Leo Kregcjk
Nach dem Erhalt des Urteils Freitagfrüh sind sich die Anwälte der Verurteilten einig: Sie werden Nichtigkeitsbeschwerde erheben, wollen aber für die Ausführungen ebenso lange Zeit haben, wie die Richterin für ihr Urteil. Bis zur Rechtskraft vergehen also weitere Jahre.
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