„Brutal ironisch“
Schwangere Neuseeländerin bei Taliban gestrandet
Der äußerst strikte Corona-Kurs in Neuseeland birgt nun für eine schwangere Journalistin enorme Probleme. Nach eigenen Angaben musste sie nämlich von den Taliban zur Entbindung aufgenommen werden, da sie für die Geburt ihres Kindes nicht in die Heimat zurückkehren kann. Dass sich nun ausgerechnet die Taliban - die nicht unbedingt für ein aufgeklärtes Frauenbild stehen - um sie kümmern, bezeichnete sie als „brutal ironisch.“
Die neuseeländische Journalistin Charlotte Bellis flog erst vergangenen Sommer nach Afghanistan, um für den Fernsehsender Al Jazeera über die Machtergreifung der Taliban zu berichten. Internationale Aufmerksamkeit erregte sie schließlich, als sie Taliban-Führer über ihrer Behandlung von Frauen und Kinder befragte.
Journalistin sitzt in Afghanistan fest
Im September stellte sie in Katar fest, dass sie schwanger war, obwohl ihr die Ärzte gesagt hätten, dass sie keine Kinder bekommen könne, berichtete Bellis in einem Artikel für den „New Zealand Herald“. Als sie wenig später in ihre Heimat zurückkehren wollte, sei ihr allerdings eine Einreisegenehmigung nicht erteilt worden. Neuseeland verfolgt eine strenge Covid-Politik mit rigorosen Einreise- und Quarantäneregeln, die dazu führen, dass Tausende Staatsbürger im Ausland festsitzen.
Radikale Islamisten boten Hilfe an
Zunächst zog Bellis nach eigenen Angaben nach Belgien, der Heimat ihres Partners, der als Fotograf für die „New York Times“ arbeitet. Allerdings habe sie als Neuseeländerin dort nicht lange bleiben dürfen. In ihrer Not wandte sich Bellis nach eigener Aussage schließlich an die Taliban. Anders als die neuseeländische Regierung hätten ihr die radikalen Islamisten Hilfe angeboten, obwohl sie nicht verheiratet sei. „Erzähl‘ einfach, dass du verheiratet bist“, hätten ihr die Taliban mitgeteilt. „Falls es ein Problem gibt, gib uns Bescheid. Wir freuen uns für dich.“
„Was soll ich denn noch tun?“
Erst vor wenigen Tagen habe sie eine Mail von den neuseeländischen Behörden erhalten, dass sie aktuell nicht nach Neuseeland einreisen könne - nachdem sie zuvor 59 Dokumente eingereicht habe. „Ich war schockiert“, so die Journalistin. „Was soll ich denn noch tun?“ Besonders die katastrophale medizinische Lage in Afghanistan bereite ihr nun Unbehagen vor der Geburt, die im Mai stattfinden soll.
Viele Krankenhäuser würden nicht einmal über die rudimentärsten Mittel verfügen. Erst im Oktober hatte Bellis über eine Frauenstation in Kabul berichtet, in der keine Kaiserschnitte gemacht werden konnten und die einzige Medizin Paracetamol gewesen sei, eingewickelt in Zeitungspapier.
Taliban als „sicherer Hafen“?
„Wenn die Taliban dir - einer schwangeren, unverheirateten Frau, einen sicheren Hafen versprechen, weißt du, dass deine Lage vertrackt ist.“ Ganz aussichtslos dürfte die Lage für Bellis aber vielleicht doch nicht sein - die neuseeländische Regierung will den Fall nun offenbar noch einmal prüfen, wie Gesundheitsminister Chris Hipkins ankündigte.
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