Keimte zuletzt die Hoffnung auf, dass durch die sich massiv ausbreitende Omikron-Variante schon bald eine endemische Lage eintreffen und damit die Pandemie wohl überwunden sein könnte, werden nun wieder verstärkt Zweifel an der Theorie laut. So erklärte nun Ulrike Protzer, Leiterin des Instituts für Virologie an der TU München, dass es „absolut möglich“ sei, dass nach dem Abflauen von Omikron, die Delta-Variante wieder aufkommen könnte.
„Wir können nicht sicher sein, dass Omikron Delta ablöst“, meinte Protzer gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Die Immunität nach einer Omikron-Infektion sei ein „bisschen anders“ als nach einer Delta-Infektion. „Aber wenn man geimpft ist und dann vielleicht zusätzlich eine Infektion hatte, kann das Immunsystem mit neuen Varianten, die jetzt kommen könnten, gut umgehen“, sagte Protzer.
Bei Risikogruppen sollte jedoch erwogen werden, ob im Herbst eine vierte Impfdosis nötig sei. Die Daten aus Israel, wo gerade die Impfkampagne zur vierten Dosis läuft, könnten bei der Bewertung helfen.
Euphorie gebremst
Auch Gérard Krause, Epidemiologe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, zeigte sich skeptisch: „Ich teile die Euphorie nicht, dass Omikron uns jetzt in die Endemie führt“, sagte Krause den Zeitungen. „Wir wissen nicht, was für Varianten noch kommen, die die Immunität vielleicht umgehen und auch zu schweren Verläufen führen können.“ Durch abnehmenden Impfschutz und Infektionen mit der einen oder anderen Variante hätten viele Menschen zwar eine „Teilimmunität“, aber die helfe nicht gegen jede Variante gleich gut.
Umgang mit Pandemie „keine rein medizinische Frage“
Die Frage, wann die Pandemie vorbei ist, sei vor allem eine Frage nach dem Umgang mit dem Erreger, sagte Krause. „Wie viele Erkrankungen sind wir bereit zu akzeptieren, wie viele können wir verhindern und um welchen Preis“ - über diese Fragen müsse es eine gesellschaftliche Verständigung geben. Das sei keine rein medizinische Frage, sondern eine breit angelegte Abwägung.
Als Orientierung könne der Umgang mit den regelmäßigen Grippewellen dienen: „Das Ziel muss es sein, die schlimmsten Schäden zu verhindern und die Schwächsten zu schützen“, sagte der Experte für Epidemiologie. „Die Verluste einer mittleren Influenza-Saison sind wir als Gesellschaft offenbar bereit, hinzunehmen.“
Corona - gekommen, um zu bleiben
Während sich eine Pandemie über Länder und Kontinente hinweg ausbreitet, werden Krankheiten oder Erreger als endemisch bezeichnet, die dauerhaft und gehäuft in einer begrenzten Region oder in Teilen der Bevölkerung vorkommen. Im Fall von SARS-CoV-2 bedeutet der Eintritt in eine Endemie, dass das Virus bleibt - die Menschen müssen damit leben, es wird aber für die Gesamtbevölkerung weniger gefährlich.
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