Weltmeisterin, Gesamtweltcup-Siegerin und Olympiasiegerin - diese Erfolgsbilanz hätte Sara Marita Kramer in wenigen Tagen gut und gerne aufweisen können. Stattdessen steht sie weiter ohne auch nur einen dieser Titel da. Für die 20-Jährige ist nach dem corona-bedingten Anreise-Verbot zu den Olympischen Winterspielen eine Skisprung-Welt zusammengebrochen. Die Salzburgerin ist eine Perfektionistin, hat gerne alles in eigener Hand. Regie geführt wurde aber nun erneut von außen.
Geht man nach dem bisherigen Saisonverlauf, kam dem Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) mit Kramer der sicherste Medaillentipp im 106-köpfigen Aufgebot abhanden. An ihre sechs Weltcupsiege kommt in dieser Saison niemand auch nur annähernd heran, die erste Entscheidung auf der Schanzenanlage „Snow Ruyi“ hätte am Samstag zur Initialzündung werden sollen, von der der viel zitierte Funken auf die anderen rot-weiß-roten Athleten überspringen hätte können.
Der durch den Virus verliehene Dämpfer ist eben schon der dritte massive sportliche Rückschlag in der noch immer jungen Karriere Kramers. Ende März verpasste sie den Gesamtsieg im Weltcup nur um elf Punkte, in einem Herzschlagfinale wurde sie von der Slowenin Nika Kriznar und der Japanerin Sara Takanashi distanziert. Die Entscheidung im Dreikampf war schon rund fünf Wochen davor beim Weltcup in Rasnov gefallen, als Kramer ebenfalls corona-bedingt nicht antreten hatte dürfen.
Falsch-positiver Test und Jury-Lapsus
Allerdings war dafür ein wohl falsch-positiver Test dafür verantwortlich, dass Kramer die entscheidenden Punkte in Rumänien ließ, statt sie auf ihr Konto zu hieven. Immerhin waren unmittelbar danach genommene Antigen-Tests und auch ein PCR-Test negativ ausgefallen, weshalb die WM-Teilnahme in der Woche darauf nie zur Debatte gestanden war. In Oberstdorf sorgten ein Jury-Lapsus von der Normalschanze für „Blech“ und von der Großschanze die Nerven für einen weiteren vierten Rang.
Rekord in Griffweite
Mit 14 Weltcup-Siegen ist Kramer trotz ihres noch jungen Alters nur noch zwei Erfolge vom Österreich-Rekord der 18 Jahre älteren Daniela Iraschko-Stolz entfernt. Den ÖSV-Jungstar zeichnet aus, dass sie auch bei ersten Plätzen nicht immer mit sich zufrieden ist und quasi vom obersten Treppchen des Siegespodestes weg die ihrer Meinung nach nicht optimale Qualität bemängelt. Diese Einstellung zeichnet Kramer aus, machen die unverschuldeten „Niederlagen“ aber auch umso schmerzvoller.
Bitter das Corona-Out auch deswegen, da die Teamführung der Skispringerinnen um Cheftrainer Harald Rodlauer im Jänner penibel Maßnahmen zur Abschottung der Athletinnen ergriffen hatte. „Wir gehen kein Risiko vorher (Olympia, Anm.) mehr ein, das muss nicht sein“, hatte der Steirer erklärt. „Wir müssen nicht immer alle zusammen sein, weil das Risiko (Corona, Anm.) ist doch hoch momentan.“
Kramer: „Keine Worte, keine Gefühle, nur Leere“
Kramer selbst hatte es noch in der vergangenen Woche als „Albtraum für jeden Sportler“ bezeichnet, wenn man wegen Corona bei den Spielen nicht am Start sein könne. Nun verlieh die in einem Instagram-Posting ihrer Verzweiflung Ausdruck. „Keine Worte, keine Gefühle, nur Leere. Ist die Welt wirklich so unfair?“ Es fühlte sich an, als wären ihre Träume an einem Tag zerplatzt. Es werde Kraft brauchen, den Körper wieder mit Energie und neuen Träumen zu füllen, um das Feuer wieder zu spüren.
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