Die nächsten Generationen sind unsere Zukunft - soviel steht fest. Wir wollen, dass sie behütet aufwachsen und eine möglichst gute Bildung genießen. Dass aber in unserem Bildungssystem nicht alles rund läuft, ist bekannt - Kindergartenpädagoginnen etwa sind so sehr am Limit, dass sie seit Herbst immer wieder streiken und mit ihren Forderungen auf die Straße gehen. Es sind seit Jahrzehnten dieselben, und doch tut sich wenig, denn, so Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementare Bildung: „Es fehlt das Verständnis, wie bedeutsam Elementarbildung ist“. Insbesondere auch in der Politik, sagt Martina Künsberg-Sarre, Bildungssprecherin der NEOS, im Gespräch mit Damita Pressl bei „Moment Mal“.
„Die Zeit vor der Schule ist mindestens genauso wichtig, wie die Zeit ab dem Schuleintritt. Kindergärten sind Bildungseinrichtungen“, so Künsberg-Sarre. „Da müssen wir in der Gesellschaft und bei vielen Bürgermeistern noch Überzeugungsarbeit leisten.“ Wenn Österreich nämlich gute elementarpädagogische Einrichtungen hat, dann können Eltern unbesorgt arbeiten gehen, der erste Schritt für die nächste Generation an Fachkräften ist getan und damit profitiert auch die Wirtschaft: „Das ist nicht nur ein Kinder-Thema, das betrifft uns alle.“ Auch wissenschaftlich ist belegt, wie wichtig das Kindergartenalter ist, weiß Taslimi: „Nie wieder im Leben lernt ein Mensch so viel und so schnell, wie zwischen null und sechs Jahren. Die elementare Bildung ist die erste Bildung im Leben eines Kindes.“
Finanzierung unter OECD-Schnitt
Ganz wichtig wäre etwa eine bessere Finanzierung. „Wir liegen im internationalen Vergleich mit den Ausgaben hinten“, so Künsberg-Sarre - nordische Länder geben bis zu 2% des BIPs für Elementarbildung aus, wir hingegen nur 0,7%. Außerdem sind Kindergärten Landessache und die Finanzierung damit sehr kompliziert: den Großteil des Geldes stellen die Länder selbst; es gibt auch Zuschüsse vom Bund, die sich die Länder aber erst abholen müssen, was sie nicht immer tun.
Neun Gesetze, neun Herangehensweisen
Aber nicht nur die Finanzierung macht der Föderalismus kompliziert. Es gibt neun verschiedene Gesetze, jedes Bundesland bildet etwa sein Assistenzpersonal anders aus oder hat andere Gehälter und Gruppenhöchstzahlen. Taslimi: „Salzburg liegt hier am besten; dort gibt es bei Unter-Dreijährigen eine Gruppenhöchstzahl von acht. Sechs wäre optimal. Österreichweit sind es aber im Durchschnitt 25 Kinder zwischen drei und sechs auf eine Vollzeitpädagogin und eine Teilzeitassistentin. Das ist absolut zu wenig.“ In manchen Bundesländern gibt es überhaupt zu wenige Gruppen, zu viele Schließtage und zu kurze Öffnungszeiten: „Da ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gewährleistet“, so Künsberg-Sarre. „Es darf nicht davon abhängen, in welchem Bundesland oder welcher Gemeinde ich lebe, ob ich arbeiten gehen kann oder nicht. In manchen Bundesländern wissen Mütter zwei Wochen vor dem geplanten Arbeitsbeginn noch nicht, ob sie einen Kindergartenplatz bekommen.“ Für Kinder unter drei gibt es nirgends genug Plätze. „Das hat mit dem Mythos zu tun, dass das Kind in dem Alter die beste Betreuung im Elternhaus hat. Wir wissen aber aus der Forschung, dass Kinder ab zwei Jahren von Gleichaltrigen viel lernen“, sagt Taslimi.
Kindergärten als Bundessache
Um die Ungleichheiten zwischen den Bundesländern zu beseitigen, fordern die Elementarpädagogen: „Elementare Bildung muss der Schulbildung gleichgestellt sein. Das erste sichtbare Zeichen davon wäre, dass die elementare Bildung dem Bildungsministerium unterstellt wird“, so Taslimi. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein Kind im Burgenland andere Bedingungen vorfinden soll, als in Vorarlberg. Die Kinder sollen mit gleichen Kompetenzen in die Schule starten. Qualitätsstandards müssen für alle gleich sein.“ Auch als politisches Zeichen, so Künsberg-Sarre, sei das wichtig: „Wenn man den Kindergarten als erste Bildungseinrichtung sieht, ist das natürlich ein Bundesthema. Das ist wichtig für ganz Österreich. Das kann man nicht einfach so laufen lassen.“ Die Bundesregierung hat sich in einem Ministerratsbeschluss dazu bekannt, die Mittel für die Elementarpädagogik auszubauen. Der Fokus soll hier auf Plätze für Kinder unter drei Jahren liegen.
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