Immer mehr Vorarlberger ächzen unter den hohen Preisen. Vor allem die Kosten für Energie werden die Inflation im Jänner wohl auf einen neuen Höchststand treiben. Für viele Haushalte wird es finanziell eng. Die Regierung hat zwar Entlastungen angekündigt - doch reicht das?
Letzens an der Tankstelle: Von anderen Seite der Zapfsäule ist ein leiser, aber deutlich hörbarer Seufzer zu vernehmen, als ein Leidensgenosse den Zapfhahn in den Tankstutzen seines Autos steckt. Die überschaubare Begeisterung hat ihren Grund: Lauf Statistik Austria sind die Treibstoffpreise allein im Dezember um 32,9 Prozent gestiegenen. Beim Heizen macht sich die Teuerung sogar noch deutlicher bemerkbar: Wer seine Heizöl-Vorräte aufstocken muss, der zahlt um 44,3 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Zumindest Kunden der Illwerke VKW profitieren vorerst noch von einer „Preisgarantie“ bei Strom und Gas. Allerdings läuft diese im März aus und das Unternehmen hat bereits Tarifanpassungen angekündigt.
Hinzu kommt, dass auch für Waren des täglichen Bedarfs tiefer in die Tasche gegriffen werden muss. Gemäß den Zahlen der Statistik Austria sind die Preise etwa für Gemüse um 5,8 Prozent gestiegen, jene für Brot um drei Prozent. Schuld an der Entwicklung ist unter anderem die Coronakrise. Während die Lieferketten immer noch beeinträchtigt sind, ist die Konjunktur sprunghaft angestiegen. Dadurch übersteigt die Nachfrage das Angebot, was wiederum die Preise steigen lässt.
Inflation ist bereits bei den Menschen angekommen
Eine aktuelle Umfrage von durchblicker.at hat ergeben, dass drei Viertel der österreichischen Haushalte den Anstieg bei den Fixkosten deutlich spüren. Jeder vierte Haushalt hat zudem als Folge der Pandemie immer noch mit Einkommenseinbußen zu kämpfen. Während die einen jeden Euro zweimal umdrehen müssen, verdienen sich die anderen eine goldene Nase: So hat etwa der heimische Erdöl- und Gaskonzern OMV angekündigt, ob der sprudelnden Gewinne die Dividende für die Aktionäre zu erhöhen.
Immerhin: Die politisch Verantwortlichen scheinen sich dem Ernst der Lage bewusst zu sein. Erste Entlastungsmaßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht: So wird der Bund den Heizkostenzuschuss des Landes Vorarlberg, der sich derzeit auf 270 Euro beläuft, um weitere 150 Euro aufstocken. Der gleiche Betrag wird in Form eines einmaligen Teuerungsausgleichs ausgeschüttet werden, fast jeder Haushalt wird in den Genuss dieser Unterstützungsleistung kommen.
Doch reicht das? Michael Diettrich, Sprecher der Vorarlberger Armutskonferenz, begrüßt die Maßnahmen zwar grundsätzlich, schränkt aber zugleich ein: „Die Unterstützungsleistungen müssten noch stärker auf Menschen mit geringem Einkommen zugeschnitten sein.“ Weiters hätten parallel zur Erhöhung des Heizkostenzuschusses auch die Einkommensgrenzen angehoben gehört: „Es reicht nicht aus, den Zuschuss nur Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen zugute kommen zu lassen, auch Erwerbstätige im unteren Einkommenssegment brauchen Unterstützung.“
Löhne steigen viel zu langsam
Diettrich fordert zudem eine dauerhafte Verbesserung der Situation. „Bei der aktuellen Debatte wird übersehen, dass es vor allem die Wohnkosten sind, die sich in den vergangenen zehn Jahren zum Hauptpreistreiber entwickelt haben. Wohnen ist zum Hauptbelastungsfaktor für Menschen mit geringem Einkommen geworden. Diesen Haushalten wäre viel mehr geholfen, wenn man sie generell entlasten würde. Man sollte deshalb schleunigst die Wohnbeihilfe erhöhen und auch den Bezieherkreis ausweiten.“
Mittel- bis langfristig könne das Ziel ohnehin nur lauten, über die Lohnentwicklung die Teuerung auszugleichen: „Wir müssen zurück zur alten Benya-Formel (Anm.: Anton Benya, ehemaliger ÖGB-Präsident). Diese sieht vor, dass die Löhne um die Inflationsrate plus das Produktivitätswachstum ansteigen sollten. Diesen ökonomisch sinnvollen Pfad haben wir leider vor gut 20 Jahren verlassen.“
Bei der aktuellen Debatte wird übersehen, dass es vor allem die Wohnkosten sind, die sich in den vergangenen zehn Jahren zum Hauptpreistreiber entwickelt haben. Wohnen ist zum Hauptbelastungsfaktor für Menschen mit geringem Einkommen geworden. Diesen Haushalten wäre viel mehr geholfen, wenn man sie generell entlasten würde.
Michael Diettrich
Korrekturbedarf sieht Diettrich auch bei der „Ökosozialen Steuerreform“. „Für Menschen im unteren Einkommensdrittel müssen die Sozialleistungen entsprechend erhöht werden. Da reicht ein Klimabonus nicht aus.“ Auch die Heizkesseltausch-Förderungen seien zwar gut gemeint, würden aber ihren Zweck großteils verfehlen. „Menschen mit niedrigem Einkommen wohnen meist in Miete. Sie können nicht auf ökologischere Heizungen umsteigen, weil sie keinen Einfluss darauf haben. Deshalb halte ich generelle Entlastungen bis in die untere Mittelschicht hinein für sinnvoller.“ Davon würden dann auch jene rund 90.000 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger profitieren, die armuts- oder ausgrenzungsgefährdet sind.
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