Wer hätte das gedacht? Nicht mal jeder zweite Wiener geht einer bezahlten Lohnarbeit nach. Die meisten leben von Eltern oder Verwandten, vom Staat (Sozialtransfers) - oder sind so reich, dass sie keinen Job nötig haben. Wir haben uns die Daten angesehen. Und wie Wien im Europavergleich liegt.
Arbeiten, um zu leben, oder leben, um zu arbeiten? Diese Frage stellt sich vielen Wienern nicht. Bei 1,9 Millionen Einwohnern weist die Statistik Austria für 2019 (neuere Daten nicht vorhanden) knapp 887.000 Erwerbstätige aus. Werkverträge, Geringfügige und Studenten, die nebenbei jobben, sind da schon eingerechnet (und zählen daher in der Grafik unten nicht zum Block Schüler/Studenten).
Das Jahrbuch der Stadt Wien 2021 weist 842.983 Unselbstständige und 107.979 Selbstständige aus. Hier sind die Pendler mit berücksichtigt, nicht nur die Wohnbevölkerung. Das Bild ist aber das Gleiche: Nicht mal jeder Zweite geht einer bezahlten Lohnarbeit nach. Das hat nichts mit der Pandemie zu tun, sondern war schon vorher so (siehe Grafik 2009).
Was macht die Mehrheit? Hängematte, Herd, AMS, Dividenden kassieren, Asylheim, Schule/Uni/Kindergarten oder auf Babys aufpassen. Bzw. eine Mischung davon. Interessant ist, dass sich der Anteil der Wiener Pensionisten nur leicht erhöht hat. Im Gegensatz zum Rest des Landes, wo der Zuwachs in 20 Jahren weit größer ausgefallen ist.
Ein Grund dürfte sein, dass Wiener, die in Ruhestand gehen, aus der Stadt wegziehen, um ihren Lebensabend im Grünen zu genießen. Ein großes Problem ist die Arbeitslosigkeit, speziell die Langzeitform. Wien hat von allen Bundesländern die höchste Rate an Menschen ohne Job.
Anteil der Arbeitslosen seit 2001 verdoppelt
Besonders schlecht sei die Entwicklung seit 2001. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich seither verdoppelt, berichtet die Agenda Austria. Arbeitsmarktexperte Dénes Kucsera führt das auf viele Geringqualifizierte (jeder 2. Arbeitslose hat maximal Pflichtschulabschluss) und einen relativ hohen Ausländeranteil (Sprachbarriere) zurück. Spezielle Förderprogramme und Hilfen seien notwendig.
Kucsera glaubt, dass sich die Erwerbsquote mit der Anhebung des Frauenpensionsalters ab 2024 automatisch erhöhen wird. Unberücksichtigt bleiben da aber mögliche Auswirkungen der Digitalisierung: Fällt (zumindest vorübergehend) jeder dritte Jobs weg, wie manche befürchten, ist unser Umlagesystem wohl am Ende.
Wie Wien im Europavergleich liegt, zeigen die Daten von Eurostat: eher im unteren Mittelfeld. In Zürich, Hamburg, Berlin oder Stockholm ist die Beschäftigtenquote höher, in Istanbul und Sizilien niedriger.
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