Lügen und Gerüchte in sozialen Netzwerken, wiederholte Beleidigungen über Messenger-Dienste oder Ausgrenzungen im Online-Unterricht: Jugendliche können auf vielfältige Weise von Cyber-Mobbing betroffen sein. In Zeiten von Lockdowns und Home-Schooling hat dieses Phänomen weiter zugenommen, wie eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation und der Internet Service Providers Austria anlässlich des „Safer Internet Day“ am Dienstag zeigt.
Demnach hat fast die Hälfte (48 %) der 400 online befragten Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren schon Beschimpfungen und Beleidigungen am eigenen Leib erfahren, gefolgt von Ghosting, also dem plötzlichen, unangekündigten Kontaktabbruch durch andere (46 %). Auch Lügen oder Gerüchte, die über die eigene Person verbreitet wurden (41 %), sowie Identitätsdiebstahl durch Fake-Profile (37 %), der ungewollte Erhalt unangenehmer Nachrichten (37 %) oder Einschüchterungsversuche (33 %) werden häufig genannt.
Die Befragten gehen davon aus, dass die Täter nicht zwangsläufig mit böser Absicht handeln: 44 % sind der Meinung, dass diese die Grenze zwischen Spaß und Ernst schlicht nicht kennen. Ebenfalls als sehr häufiges Motiv wird mit 43 % der Wunsch nach Machtausübung genannt. Je rund ein Drittel der Befragten nennt als weitere Gründe die Demonstration von Gruppenzugehörigkeit (36 %), rassistische Motive (33 %) sowie das Unvermögen, mit dem eigenen Zorn umzugehen (31 %) und Langeweile (31 %).
Cyber-Mobbing passiert vor allem öffentlich
Soziale Netzwerke, Messenger-Dienste oder Spieleplattformen: Überall dort, wo sich junge Menschen online bewegen, kann es zu Cyber-Mobbing kommen. Am häufigsten nennen die Jugendlichen Plattformen, auf denen öffentlich kommuniziert wird: Instagram (56 %), gefolgt von TikTok (42 %), Facebook (36 %) und Snapchat (32 %).
Obwohl fast alle Befragten WhatsApp nutzen, liegen Messenger-Dienste mit 30 % nur an fünfter Stelle der häufigsten Cyber-Mobbing-Plattformen. Online-Spiele werden von 25 % genannt, immerhin 11 % geben auch Videochat-Anwendungen für den Unterricht an.
Betroffene wissen, wer hinter Attacken steckt
In der öffentlichen Wahrnehmung agieren die Täter von Cyber-Mobbing vorwiegend anonym. Die Befragung der Jugendlichen zeigt jedoch, dass die Betroffenen meist keineswegs im Dunkeln tappen, was die Identität des Angreifers betrifft. Die Mehrheit gibt an, dass Opfer von Cyber-Mobbing gewöhnlich ahnen, wer dafür verantwortlich sein könnte (43 %) oder es sogar genau wissen (30 %). In 43 Prozent der Fälle sind die Täter im schulischen Umfeld zu finden, seltener unter Internetnutzenden (21 %) oder im Bekanntenkreis (8 %).
Mehr Vorfälle in Zeiten der Pandemie
Durch die Pandemie mit ihren wiederholten Lockdowns und der Verlagerung des Sozial- und Schullebens in die Online-Welt wurde dieser Trend verstärkt: Knapp die Hälfte der Befragten (48 %) stimmt der Aussage zu, dass Cyber-Mobbing in Zeiten von Distance Learning häufiger vorkommt (19 % keine Angabe).
So haben Jugendliche im Home-Schooling bei sich und anderen bereits erlebt, dass die Teilnahme am Online-Unterricht absichtlich schwer gemacht wurde (30 %), dass sie oder jemand anders bewusst von schulischen Informationen ausgeschlossen (23 %) oder während des Online-Unterrichts verspottet wurden (22 %). Cyber-Mobbing findet also in solchen Fällen auch vor den Augen der Lehrenden statt.
Hilfreiche Strategien fruchten in der Praxis nicht immer
Als wichtigste Strategie gegen Cyber-Mobbing erachten es die Jugendlichen, sich Hilfe zu holen. FreundInnen werden von 78 % als wichtigste Ansprechpersonen genannt, gefolgt von Eltern (71 %) und Lehrenden (64 %). Theorie und Praxis klaffen allerdings manchmal auseinander: Denn mit 48 % meint fast die Hälfte der Befragten, dass Erwachsene in Cyber-Mobbing-Situationen oft nicht hilfreich sind. Ebenso hat ein Drittel (33 %) der Jugendlichen schon erlebt, dass Lehrende einen Fall nicht ernst genommen haben.
Diese Diskrepanz zeigt sich auch bei der Nutzung technischer Möglichkeiten zur Abwehr von Mobbing-Attacken. So beurteilen es 70 % der Jugendlichen als hilfreich, TäterInnen auf den jeweiligen Plattformen zu blockieren oder zu sperren. Diese zu melden, erachtet mit 59 % ebenfalls eine Mehrheit als hilfreich. 45 % der Jugendlichen haben erlebt, dass ihre Meldungen an Betreiber sozialer Netzwerke nicht wie erwartet bearbeitet wurden.
Die direkte Auseinandersetzung mit den TäterInnen wird als weniger zielführend bewertet. Diese zu bitten, mit dem Mobbing aufzuhören, beurteilen nur 23 % als hilfreich. Lediglich 18 % halten es für förderlich, mit Beschimpfungen oder Beleidigungen zu kontern. Und einfach zu warten, bis das Mobbing wieder aufhört, stellt nur für 17 % eine Option dar.
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