Zweites Leben

Zu gut zum Schreddern: Wohin mit alten Auto-Akkus?

Elektronik
09.02.2022 10:59

Noch sind es nur wenige Elektroautos, die das Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben und verschrottet werden. Doch mit zunehmender Anzahl auf den Straßen stellt sich für die Autoindustrie die Frage, was mit all den alten Autobatterien passieren soll. Teurer Sondermüll, brauchbare Speicher oder wertvoller Sekundär-Rohstoff? Autofirmen und Start-ups sind angetreten, um eine Lösung zu finden.

Batterien altern mit jedem Aufladen - ein Effekt, der dazu führt, dass sie immer weniger Energie speichern können und damit die Reichweite und Leistungsfähigkeit der Elektroautos im Laufe der Jahre schwindet. Autobauer geben auf ihre Batterien zumeist eine Garantie von rund 160.000 Kilometern oder fünf bis acht Jahren. Danach schwindet die Kapazität der Batterie zu sehr und der Energiespeicher muss ausgetauscht werden. Im Allgemeinen gelten rund 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen Batteriekapazität als Grenze, ab der der Einsatz im Fahrzeug nicht mehr sinnvoll ist.

Danach können die Batterien aber durchaus noch weiter verwendet werden, etwa in Heimspeichern oder für gewerbliche Stromspeicher. „Je nach Anwendungsszenario kann die Batterie noch bis zu 15 Jahre genutzt werden“, sagt Patrick Peter, Gründer und Chef des Start-ups Circunomics, einer Plattform für die Wiederverwendung und das Recycling von Batterien. „Dann fällt die Kapazität auf 50 bis 60 Prozent und die Batterie geht ins Recycling.“ Entscheidend sei daher eine entsprechende Kreislaufwirtschaft: „Second Life ist der größte Hebel, um die CO2-Bilanz zu reduzieren, weil die Batterie dann länger genutzt wird“, so Peter.

Beim Charging Hub von Audi fungieren gebrauchte und aufbereitete Lithium-Ionen-Batterien als Stromspeicher. (Bild: AUDI AG)
Beim Charging Hub von Audi fungieren gebrauchte und aufbereitete Lithium-Ionen-Batterien als Stromspeicher.

Zweites Leben für alte Batterien
Ein Konzept für eine solche Second-Life-Anwendung hat Audi auf den Weg gebracht: In Nürnberg ging im Dezember eine Schnellladestation in Betrieb, deren Herz aus gebrauchten Batterien besteht und die sechs Lademöglichkeiten für Elektroautos bietet. „Der Vorteil ist, dass die Batterien in diesen Second-Life-Anwendungen nicht mehr so stark strapaziert werden wie im Auto“, sagte ein Audi-Sprecher. Vor allem seien die Ströme geringer. „Second-Life-Anwendungen kann man sehr lange betreiben.“

Audi verwendet in diesen Speichern derzeit die ausgemusterten Batterien aus Testfahrzeugen. Dabei zeige sich, dass die Akkus langsamer alterten als angenommen, sagte Stefan Waltl, beim deutschen Autobauer für die Second-Life-Anwendungen zuständig: „92 Prozent der Module können weiterverwendet werden, ihre Kapazität liegt in der Regel über 90 Prozent, das ist ein sehr guter Wert.“ Dabei seien die Batterien vorher nicht geschont worden: „Die Erprobungsfahrzeuge stellen extremste Szenarien dar, extreme Klimazonen, Hunderttausende Kilometer, Übernutzung - die Batterien halten viel länger, als man angenommen hat.“

Stromspeicher für Privathäuser
Auch Versorger wie EnBW oder Industriebetriebe wie der Autozulieferer Webasto setzen in Pilotprojekten auf gebrauchte Autobatterien für stationäre Speicher, die etwa Stromspitzen abfedern oder Solarstrom für bedeckte Tage vorhalten sollen. Dazu kommen Privathäuser - ein Markt, den etwa das Start-up Voltfang in den Blick genommen hat. Voltfang-Gründer David Ousandji verweist auf Prognosen, wonach der Markt für derartige Speichersysteme kräftig wächst. „Wir machen uns keine Sorgen, genügend Abnehmer für unsere Batterien zu finden“, sagt er.

Chemie letztlich entscheidend
Und dennoch könnten die Second-Life-Anwendungen wohl nur für eine Übergangszeit infrage kommen. Denn die fallenden Preise für neue Batterien und immer ausgefeiltere Technik, um die Rohstoffe aus den alten Batterien zurückzugewinnen, könnten am Ende dafür sorgen, dass ein zweiter Einsatz der Akkus sich irgendwann nicht mehr lohnt. Theoretisch müsste die Wiederverwendung der ganzen Module wirtschaftlicher sein als das Recycling, sagt Jakob Fleischmann, Experte bei der Beratungsfirma McKinsey.

„Die Realität zeigt aber, dass es anders ist.“ Am Ende ist es schlichtweg das Geld: „Ob die Batterien weiter genutzt werden können, hängt davon ab, wie viel Geld man beim Recycling wieder hereinbekommt - je teurer die Rohstoffe sind, desto attraktiver ist das Recycling.“ Deshalb sei für den wirtschaftlichen Erfolg der Second-Life-Anwendungen nicht zuletzt die Batteriechemie entscheidend: Bei Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) seien weniger teure Rohstoffe enthalten, sodass sich die Weiterverwendung im Vergleich mit dem Recycling lohne. Bei den derzeit vor allem eingesetzten Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien (NMC) sei es sehr bald schon umgekehrt.

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