Atomstrom ist grün - das sagt zumindest die Europäische Union. Denn die EU-Kommission hat entschieden: Sie stuft Investitionen in Atomkraft - unter bestimmten Bedingungen - als klimafreundlich ein. Österreich passt das überhaupt nicht; Umweltministerin Leonore Gewessler von den Grünen hat angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Der Physiker Werner Gruber sieht das alles nicht ganz so tragisch: Bestehende Kernkraftwerke kann man durchaus in Betrieb lassen, sagt er. Warum, hat er krone.tv-Journalistin Damita Pressl bei „Nachgefragt“ erklärt.
„Kernenergie setzt kein CO2 frei“, bekräftigt Gruber. „Über die Sekundäreffekte kann man diskutieren.“ Durch einen Prozess namens Transmutation könne man auch einen Großteil des Atommülls zerstören: „Wir wissen seit 1992, dass das funktioniert. Jetzt ist nur noch die Frage, wie setze ich das technisch sicher, sauber und billig um?“
Für die in Österreich gemeinhin sehr starke Abneigung gegen Atomkraft sieht Gruber historische Gründe: „Wenn man in Österreich Kernenergie sagt, stellt es allen die Zehennägel auf!“ Das hänge unter anderem mit der emotionalen Abstimmung über Zwentendorf und mit der Nähe zu Tschernobyl zusammen.
„Wir normieren Klospülkasten, aber nicht Kernkraftwerke“
Anstatt Kernkraftwerke abzuschalten, solle man sie sicherer und effektiver machen, so Gruber. Er kritisiert: „Die Sicherheitsstandards werden derzeit individuell von den Ländern festgelegt und variieren. Wir normieren in der EU Staubsauger und Klospülkasten, aber nicht die Sicherheitsbestimmungen von Kernkraftwerken.“
Derzeit wird Kernkraft durch Kernspaltung erzeugt. In 20 Jahren könnten wir aber eine neue Technologie zur Verfügung haben, meint Gruber salopp: „Bis 2040 könnten sich Kernfusionswerke arschknapp ausgehen.“ Um Kerne zu fusionieren, also zusammenzuführen, statt zu trennen, „braucht es einen irrsinnigen Druck und eine irrsinnige Energie von außen“, erklärt der Physiker. Momentan sei es noch schwierig, tatsächlich mehr Energie herauszuholen, als man hineinsteckt.
Erdgas schlimmer als Kernkraft
Kritischer als Kernkraft sieht Gruber das Thema Erdgas: „Erdgas ist sicher keine grüne Technologie. Da bin ich voll auf der Seite der Frau Minister.“ Nicht nur beim Verbrennen, sondern auch beim Transport werden hier Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.