Mit der österreichischen Erstaufführung von „Morgen und Abend“ ist der Grazer Oper ein Ereignis gelungen. Für die berührende Geschichte vom ersten und letzten Tag im Leben des Fischers Johannes finden Regisseur Immo Karaman, Dirigent Roland Kluttig und das hervorragende Ensemble genau die richtigen Töne.
Es ist ein Feuerwerk an Emotionen, das Haas in seiner 2015 in London uraufgeführten Oper nach einem Roman von Jon Fosse auf das Publikum loslässt. Schon die schicksalsschweren Paukenschläge zu Beginn und die vielfach aufgespaltenen Klangflächen künden von Dramatik und Spannung. Der ist zu Beginn der Fischer Olai ausgesetzt, der die Geburt seines ersten Kindes von Ängsten durchdrungen erwartet. Cornelius Obonya verleiht ihm beklemmende Präsenz, und obwohl er seinen Part spricht, fügt sich seine Stimme nahtlos in das Wogen und Schäumen aus dem Orchestergraben ein.
Souveräner Steuermann im wilden Meer
Für dieses zeichnet Chefdirigent Roland Kluttig verantwortlich, der seine Grazer Philharmoniker, den nicht zu sehenden und doch so präsenten Chor und vor allem das hervorragende Ensemble durch alle Untiefen der Partitur führt. Ein präziser Steuermann, der nie die Herrschaft über das sturmgepeitschte musikalische Meer verliert.
Spiel mit den Zeiten
Nicht minder aufwühlend ist Immo Karamans Inszenierung, die im düsteren Grau einer zerfallenden Welt (Bühne: Rifail Ajdarpasic, Licht: Daniel Weiss) mit den Zeiten spielt, und doch eine ganz klare Geschichte erzählt: Denn als Olai seinen neugeborenen Sohn ins Bett legt, verwandelt sich dieser in einem Augenblick in den alten, sterbenden Johannes.
Wie splitterndes Glas
Markus Butter spielt und singt diese Rolle mit Bravour. Sein Sterben, das in einer Klangexplosion tausendfach berstenden Glases gipfelt, wird an diesem Abend zu einem kollektiven Erlebnis. Seine Begegnungen mit seiner Frau Erna (Christina Baader) und seinem besten Freund Peter (Matthias Koziorowski), die ihm beide schon vorausgegangen sind, berühren ebenso wie die Trauer seiner Tochter (Cathrin Lange).
Ein starker, ein mitreißender Abend, der zeigt, wie faszinierend Oper auch heute sein kann. Infos und Karten gibt es im Ticketzentrum der Grazer Oper.
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