50 Jahre Kultband

Auf den Spuren der Poplegenden ABBA in Stockholm

Wien
20.02.2022 06:00

2022 bedeutet auch 50 Jahre ABBA. Anlässlich des fulminanten Comebacks, des runden Geburtstags und der anstehenden „ABBAMANIA Show“ in der Wiener Stadthalle am 27. März hat sich „Krone“-Redakteur Robert Fröwein im winterlich-kalten Stockholm auf die Spuren der Pop-Legenden gemacht.

Die ABBA-Feierlichkeiten nehmen kein Ende. Nach dem Comeback-Album „Voyage“ und der ab Mai angekündigten „ABBAtar“-Shows in der eigens dafür gebauten „ABBA Arena“ in London, begehen Benny Andersson, Björn Ulvaeus, Anni-Frid Lyngstad und Agnetha Fältskog 2022 das 50-Jahre-Jubiläum. 1972 formierten sich die vier schon vorher erfolgreichen Musikerinnen zu jener beispiellos perfekten Pop-Macht, deren Vermächtnis wohl noch bis in alle Ewigkeit andauern wird. An die großen Tage der Band erinnert auch das Spektakel „ABBAMANIA The Show“, das am 27. März in der Wiener Stadthalle zu sehen sein wird. Neben allen großen ABBA-Hits begeistern mit Saxofonist Ulf Andersson und Gitarrist Janne Schaffer auch zwei Originalmitglieder neben den grandiosen Stimmen und dem von Hauke Wendt geleiteten London Symphonic Sound Orchestra.

Ins kalte Wasser gesprungen
Die „Krone“ hat sich vorab auf die Spuren des Popwunders begeben und mit ABBA-Autor und Historiker Carl Magnus Palm eine Tour durch Stockholm unternommen, um sich der wichtigsten Stationen dieser einzigartigen Historie gewahr zu werden. Aber wie wird man denn überhaupt „ABBA-Historiker“ und warum ist das ein Job? Palm antwortet lachend. „Ich war schon früher ein großer Pop- und Beatles-Fan und fasziniert vom Buch ,The Complete Beatles Recording Sessions‘. Also dachte ich, so etwas könnte man auch über ABBA machen und als ich Anfang der 90er-Jahre damit begann, war die Band gerade so unpopulär wie nie. Ich habe viel recherchiert, die Bandmitglieder und Wegbegleiter kontaktiert und war überrascht, dass doch noch so viel Interesse an ihrer Musik herrschte.“

Sein Buch erschein 1994 zum perfekten Zeitpunkt, den kurz zuvor ging das Best-Of-Album „ABBA Gold“ durch die Decke und machte die Band wieder populär. Das Glück seines Timings ist Palm bewusst. Er weiß aber auch, dass es dieses Werk brauchte. „Dass daraus eine Karriere entstehen könnte war natürlich nicht vorhersehbar, aber ABBA hatten es verdient, dass sich jemand reinhängt und detailliert recherchiert. Ich bin nicht reich“, lacht Palm, „aber ich kann mir meine nicht so billige Miete in Stockholm mit meinem ABBA-Wissen bezahlen.“ Palm hat mittlerweile zahlreiche weitere, stärker ins Detail gehende ABBA-Bücher verfasst und leitet Interessierte durch die ABBA-Historie in Stockholm.

Die Geburt von ABBA
Eines der wichtigsten Schlüsselzentren für die ABBA-Legende war das Atlantis Studio in Karlbergsvägen. Wie die meisten Musikstudios von damals ging es aus einem stillgelegten Kino hervor, entwickelte sich aber schon früh in den 60er-Jahren zu dem Top-Studio des Landes. „In diesem Raum wurden ABBA geboren“, fügt Palm leicht pathetisch an, „es gab für sie wahrscheinlich keinen wichtigeren Platz als diesen hier.“ Björn (The Hootenanny Singers) und Benny (The Hep Stars) hatten mit ihren jeweiligen 60er-Jahre-Bands bereits eine beeindruckende Karriere am Laufen. Zudem waren sie Songwriter für andere Künstler und Produzenten beim Label Polar Music, das von Stig Andersson geleitet wurde. Die drei wollten aber den nächsten Schritt machen und schwedische Popmusik über die Grenzen tragen. Das gelang bis dorthin noch niemandem.

Der entscheidende Schritt? Die weiblichen Stimmen zu integrieren. Benny und Frida waren damals schon ein Paar, Björn und Agnetha sogar miteinander verheiratet. Die englische Popband Blue Mink diente als Blaupause. Dort teilten sich Sänger und Sängerin den Gesang. Björn und Benny schrieben am 29. März 1972 im Atlantis Studio „People Need Love“ und vereinten sich mit den Frauen im Refrain. Zu diesem Zeitpunkt hießen sie noch nicht einmal ABBA, doch aus dem Experiment wurde eine Karriere. „Hier erfanden sie ABBA“, so Palm, „es folgten ,Ring Ring‘ und der Großteil des Debütalbums. Auch das zweite Album ,Waterloo‘ mitsamt aller großen Hits entstand hier, dazu noch das ,Arrival“-Album.“

Auf ein Bier und ein Würstel
Das Atlantis Studio war nicht nur ein kreatives El Dorado für ABBA, es hat auch unzählige weitere Stars in seinen Bann gezogen. Aufgenommen haben hier etwa Ghost, Green Day, Roxette, die Scorpions oder Fatboy Slim. Das originale Piano von Benny Andersson steht noch immer dort. “Die Piano-Klänge aus den ersten vier ABBA-Alben stammen alle von diesem hier. Es ist das Original, das noch immer im Studio steht.„ Das Studio selbst wurde seit 1959 natürlich stets modernisiert, sieht im Grunde aber immer noch so aus wie in der Frühzeit. “Viele der Gesangsmikrofone, die von Frida und Agnetha benutzt wurden, sind noch immer hier. Die Geschichte ist magisch.„ Wenn die Musiker einmal Pausen brauchten, ging es quer über die Straße zum heute noch immer existenten Würstelstand “Günter’s„. “Dort kriegt man eigentlich keinen Alkohol„, lacht der einstige ABBA-Gitarrist Janne Schaffer, “aber für uns Musiker gab es immer mal ein Bier oder dergleichen, wenn wir wollten.“

1978 bauten sich ABBA mit den Polar Music Studios am Höhepunkt ihrer Karriere ihren eigenen Soundtempel, in dem die Alben „Voulez-Vous“, „Super Trouper“ und „The Visitors“ aufgenommen wurden. Nach dem Bandsplit wurde es von den einzelnen Musikern für die jeweiligen Soloprojekte genauso verwendet, wie 1980 von Led Zeppelin für deren Abschiedswerk „In Through The Out Door“. „Hier wurde auch der Filmsoundtrack für das Erfolgs-Musical ,Mamma Mia‘ eingespielt“, weiß Palm, „die Wichtigkeit und Popularität des Studios ist ungebrochen.“ Das Studio wurde 2004 ausgeräumt und mehrmals umgesiedelt, bis das Equipment in diversen Depots und Warenlagern landete. Im Originalgebäude befinden sich heute ein Versicherungsunternehmen und diverse Firmen, die Polar Music Studios wurden dafür im ABBA-Museum nachgebaut.

Mit ABBA telefonieren
Dieses wurde im Mai 2013 auf der Stockholmer Insel 
Djurgården eröffnet und begrüßt pro Jahr etwa eine Million Besucher aus aller Herren Länder. Es beherbergt unter anderem die Installationen und Ausstellungsstücke von “ABBA World“ und man kann mit ABBA-Hologrammen auf der Bühne tanzen und Karaoke singen. Zu finden sind auch originale Kostüme, Setlists, Backstage-Rider und Auszeichnungen unterschiedlichster Art und Weisen. Eine spezielle Attraktion ist das berühmte rote “Ring Ring“-Telefon. Die Nummer haben nur die vier ABBA-Mitglieder, die in unregelmäßigen Abständen dort anrufen, um zufällig anwesenden Besuchern ein unvergessliches Erlebnis zu liefern. Die Ausstellung wird durch das ABBA-Comeback ständig erweitert. Das erst später dazu gebaute “Pop House Hotel„ gehört Björn. Kollege Benny hat ein eigenes zentral in der Innenstadt. Es nennt sich “Hotel Rival“ - ABBA-Fans erkennen das Wortspiel.

Kein Teil der offiziellen Tour, aber deshalb umso interessanter ist das nur einen Steinwurf bzw. eine Bootsstation vom ABBA-Museum entfernte Mono Music Studio auf der Insel Skeppsholmen. Dort fährt der millionenschwere Benny Andersson mit seinem Elektroauto tagtäglich zu Bürozeiten hin, um an neuen Songs oder Ideen zu schrauben. Ein Working-Class-Ethos, das seinesgleichen sucht. Seit der Gründung des Studios im Jahr 1987 wurden dort bereits 27 Alben veröffentlicht. Andersson schraubt dort gleichermaßen an seinen Solosongs, wie auch an Material für das Benny Andersson Orkester. Direkt daneben befindet sich das RMV Studio, in dem ABBA ihr Comebackwerk “Voyage„ eingespielt haben. Wer noch weitere historische Plätze ergründen will, findet sie zuhauf - Stockholm ist für ABBA-Fans definitiv eine Reise wert.

ABBAMANIA in Wien
“ABBAMANIA The Show" findet am 27. März in der Wiener Stadthalle statt. Unter www.oeticket.com gibt es die Karten und alle weiteren Infos und Details für das Pop-Show-Highlight des Jahres. Man darf sich auf einen Abend voller Hits und Überraschungen samt der Teilnahme von ABBA-Originalmitgliedern freuen. Ein würdiges Spektakel zum 50-Jahre-Jubiläum der Kultband. 

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