Mithilfe einer tonnenschweren Waage - dem Karlsruhe-Tritium-Neutrino-Experiment (kurz KATRIN, Bild oben) - hat ein internationales Forscherteam am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) einen großen Erfolg in der Teilchenphysik erzielt. Die Wissenschaftler wogen das leichteste bekannte Teilchen des Universums, das Neutrino. Die Maßeinheit hierfür lautet nicht Gramm, sondern Elektronenvolt (eV). Mit ihren Experimenten konnten die Experten 0,8 eV als Obergrenze für die Neutrinomasse bestimmen.
Damit wurde die sogenannte 1-eV-Barriere durchbrochen, wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ berichten. Fachleute feiern die Messung als großen Erfolg der Teilchenforschung. Bis Ende 2024 sollen die Messungen zur Neutrinomasse am KIT noch verfeinert werden, hieß es weiter.
Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen und könnten eine wichtige Funktion bei der Bildung des Universums gehabt haben. Sie werden unter anderem bei Kernfusionen in der Sonne freigesetzt und spielen bei radioaktiven Zerfällen von Atomkernen sowie Supernova-Explosionen im Weltall eine Rolle.
Leichtester elementarer Atom-Baustein
Die elektrisch neutralen Neutrinos sind die leichtesten der elementaren Atom-Bausteine und die häufigsten Elementarteilchen im Universum. Da sie extrem selten reagieren, können sie nahezu ungehindert aus kosmischen Objekten wie der Sonne entweichen.
Schätzungen von Experten zufolge wird auf der Erde eine Fläche von der Größe einer Fingerkuppe in jeder Sekunde von etwa 65 Milliarden von der Sonne stammenden Neutrinos durchdrungen. Weil sie so gut wie nicht mit ihrer Umgebung wechselwirken, merkt man davon nichts. Auch Planeten wie die Erde stoppen Neutrinos nicht.
Österreicher postulierte ihre Existenz
Das macht es schwer, sie zu erfassen. Bereits 1930 postulierte der österreichische Nobelpreisträger Wolfgang Pauli erstmals die Existenz der Teilchen. Hintergrund war, dass beim Zerfall von Atomkernen Messdaten für Neutronen und Elektronen nicht zum Grundsatz der Energieerhaltung in der Physik passten - ein bisschen was fehlte oft.
„Geisterteilchen“ galten lange als masselos
Erst mehr als zwei Jahrzehnte später wurden die Neutrinos dann nachgewiesen und galten lange sogar als masselos. Wegen ungenauer Messapparaturen konnte man bisher auch kaum mehr über Neutrinos sagen. Sie widersetzen sich gewissermaßen der wissenschaftlichen Beobachtung und werden daher auch „Geisterteilchen“ genannt.
Hier setzt das Karlsruhe-Tritium-Neutrino-Experiment (kurz KATRIN) an: In der 70 Meter langen Anlage wird im Vakuum die Energieverteilung beim Zerfall des instabilen Wasserstoff-Isotops Tritium gemessen. Aus den Werten lässt sich die Masse der Neutrinos bestimmen. 2019 wurde KATRIN in Betrieb genommen. Seither machten die Forscher dessen Instrumente immer präziser. Das KIT spricht von der genauesten Waage der Welt.
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