Fossilienexperte weiß:

Was „Steine“ über Tirols Vergangenheit erzählen

Tirol
17.02.2022 12:00

Vor hunderten Millionen Jahren war Tirol von einem Meer bedeckt. Noch heute finden sich vor allem im Norden des Landes Fossilien aus dieser Zeit, wie ein Tiroler Professor für Paläontologie im „Krone“-Interview verrät.

Krone: Herr Professor Wolfgang Mette, wo gibt es bei uns Fossilien?
Wolfgang Mette: Fossilien kann man in Tirol vor allem im Gebiet der Nördlichen Kalkalpen finden. In dieser Zone treten verbreitet Gesteine aus dem Erdmittelalter vor ca. 250 bis 65 Millionen Jahren auf. Sie wurden teilweise in einem ausgedehnten tropischen Flachmeer gebildet und sind daher relativ reich an Fossilien. Es sind überwiegend versteinerte Skelett-Teile von Meeresorganismen wie Muscheln, Korallen, Kalkschwämmen, Seeigeln oder Ammoniten.

Wolfgang Mette ist Professor am geologischen Institut der Uni Innsbruck. (Bild: zVg)
Wolfgang Mette ist Professor am geologischen Institut der Uni Innsbruck.

Gibt es in Tirol also vergleichsweise viele Fossilien?
Im Gebiet der Nördlichen Kalkalpen sind Fossilien relativ häufig anzutreffen, vor allem in Gesteinen von ehemaligen Korallenriffen. Ein derartiges versteinertes Korallenriff ist beispielsweise in der Nordkette direkt nördlich von Innsbruck erhalten geblieben. In den übrigen Gebieten Tirols sind Fossilien eher selten.

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Einer der spektakulärsten Funde aus den Seefelder Schichten ist ein beinahe vollständiges Skelett eines ausgestorbenen Reptils namens Langobardisaurus, von dem es weltweit lediglich fünf Exemplare gibt.

Fossilienexperte Wolfgang Mette

In Tirol wurden mehrere Dino-Überreste gefunden
Was waren bislang die spektakulärsten Funde in Tirol?
Zu den bedeutendsten Fossilfunden in Tirol gehören zahlreiche Arten von Wirbeltier- und Pflanzenfossilien aus Gesteinen der späten Trias in den Seefelder Schichten vor ca. 210 Millionen Jahren und Pflanzenfossilien aus dem mittleren Känozoikum vor ca. 30 Mio. Jahren bei Bad Häring. Neben zahlreichen Fischfossilien wurden auch unvollständige Skelette von frühen Flugsauriern gefunden. Einer der spektakulärsten Funde aus den Seefelder Schichten ist ein beinahe vollständiges Skelett eines ausgestorbenen Reptils namens Langobardisaurus, von dem es weltweit lediglich fünf Exemplare gibt.

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Zur Rekonstruktion der Lebensweise und der Umweltbedingungen werden die Gesteinsschichten, aus denen das Fossil stammt, untersucht.

Fossilienexperte Wolfgang Mette

Wie werden solche Fundstücke folglich erforscht?
Fossilienfunde können sehr verschiedenen Untersuchungsmethoden unterzogen werden – etwa, zu welcher Organismengruppe das Fossil gehört oder wie und unter welchen Umweltbedingungen es gelebt hat. Dazu werden beispielsweise wichtige Skelettmerkmale am Mikroskop untersucht und später fotografisch dokumentiert. Zur Rekonstruktion der Lebensweise und der Umweltbedingungen werden die Gesteinsschichten, aus denen das Fossil stammt, untersucht.

Früher herrschten in Tirol Bahamas-Bedingungen
Was lässt sich aus den Fossilien über die Vergangenheit Tirols schließen?
Die Funde liefern uns zahlreiche Hinweise über Umweltbedingungen, unter anderem auf die klimatischen Verhältnisse in der erdgeschichtlichen Vergangenheit. So zeigen uns die Meeresfossilien, dass Tirol im frühen Erdmittelalter – vor rund 250 bis 200 Millionen Jahren – Teil eines flachen und sehr ausgedehnten tropischen, von Korallenriffen durchsetzten Flachmeeres war. Dessen Lebensbedingungen waren vergleichbar mit jenen der heutigen Bahamas und es muss nahe des Äquators gelegen haben. Anhand der Fossilfunde lässt sich nachweisen, dass auch im weiteren Verlauf des Erdmittelalters subtropische bis tropische Klimabedingungen vorherrschten, gefolgt von einer Klimaabkühlung, die im Alpenraum vor etwa 900.000 Jahren zur Eiszeit führte.

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