Den steirischen Winzern fiel ein Stein vom Herzen: Im letzten Moment hat das EU-Parlament gegen Krebs-Warnungen auf Weinflaschen gestimmt. Die Diskussion bestimmt die Branche dieser Tage dennoch.
Stellen Sie sich vor: Sie ziehen einen herrlichen, steirischen Sauvignon Blanc aus dem Weinregal – und plötzlich steht es da, schwarz auf weiß: „Alkohol verursacht Krebs.“
So hätte es kommen können, hätte das EU-Parlament gestern für Krebs-Warnungen auf Bier, Wein und Co. gestimmt. Der Vorschlag sollte im Kampf gegen die Krankheit helfen, an der jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen in Europa sterben. Stattdessen kommen „Informationen zu moderatem und verantwortungsbewusstem Trinken“.
In der steirischen Wein-Branche sorgte die EU jedenfalls für hitzige Diskussionen – etwa beim Weingut Schauer in Kitzeck im Sausal. „Zuerst drei Jahre Corona und dann vielleicht auch noch ein Totenschädel auf der Weinflasche! Ein Albtraum“, sagt Elisabeth Schauer. Ihr Mann Karl sah die Situation etwas gelassener: „Wer trinkt, wird weiter trinken. Ein gutes Glas Wein gehört zu unserer Gesellschaft einfach dazu!“
„Wein ist ein altes Kulturgut“
Ähnlich sieht es auch Winzer Stefan Potzinger aus Gabersdorf in der Südsteiermark. „Wein ist ein altes, bekanntes Kulturgut. Mit solchen Warnhinweisen spricht man den Menschen jegliche Eigenverantwortung ab.“ Trotzdem sieht er die Winzer in einer Vorbildfunktion: „Jeder, der produziert, muss auch selbst verantwortungsvoll mit Wein umgehen können. Wir müssen Vorbilder sein – deswegen wird man bei einer Präsentation auch selten einen sturzbetrunkenen Weinbauern sehen.“
Die steirische Winzerin Katharina Tinnacher fordert „Aufklärung, Bildung und einen aktiven Jugendschutz“.
Qualitativ hochwertiger Wein ist für uns Winzer ein Kulturgut, das – in Maßen genossen – Freude bereitet. Man muss zwischen diesem Genuss und Alkoholmissbrauch unterscheiden! Ich begrüße daher die Entscheidung: Warnhinweise sind nicht zielführend.
Winzerin Katharina Tinnacher
„Alleine vom Preis her ist der steirische Wein ein Genussprodukt“, sagt Potzinger. Man trinkt ihn zum Essen, vielleicht ein oder zwei Gläser. „Und schätzt den Wert der Handarbeit.“
Mit einem Achterl essen wir gesünder
Genau so ist der Konsum auch nicht problematisch, wie Sandra Holasek, Ernährungswissenschaftlerin an der MedUni Graz, erklärt. „Wenn man zum Essen ein Glas Wein trinkt, verändert das die Auswirkungen. Alkohol wird langsamer aufgenommen, dadurch ist die Belastung für die Organe geringer.“ Wir trinken weniger und anders, wenn wir Essen dazu haben – und wählen wiederum gesündere Speisen, wenn wir ein Achterl dazu trinken. „Weil man das Essen als Ritual wahrnimmt, es gibt mehr Achtsamkeit und Wertschätzung.“
Dennoch darf man nicht vergessen: „Die Gefahr liegt im Suchtpotenzial.“ Das betonte auch die Grünen-EU-Abgeordnete Sarah Wiener: „Der durchschnittliche Österreicher trinkt mehr als eine Badewanne Bier im Jahr. Solche Zahlen kann man sich nicht schön saufen, auch wenn die Alkohol-Lobby das versucht.“
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