Viele Wortspenden

Fekter: In Brüssel Headlines, in Wien verdutzte Gesichter

Österreich
18.05.2011 10:43
Josef Pröll hat es in knapp zwei Jahren Amtszeit praktisch nie geschafft, Wilhelm Molterer höchstens als beiläufig Genannter - Maria Fekter hat knapp einen Monat gebraucht, um international Schlagzeilen zu machen. Beim Treffen der EU-Finanzminister legte sie dem verhafteten IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn als Einzige den Rücktritt nahe und wurde damit zur Wortspenderin des Tages. Kaum zu Hause angekommen, sorgt sie mit einer Nulldefizit- und Steuerreform-Ankündigung für verdutzte Gesichter. Nur auf konkrete Handlungen lässt sie noch warten.

"Austrian minister suggests Strauss-Kahn step down", heißt es auf der Website des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes", mit "Greece must do 'homework' to stay in euro", verschickte auch die Agentur Reuters einen Fekter-O-Ton als Titel. Beim Börse-Nachrichtendienst Bloomberg erfährt man über die Finanzministerin, sie sei "not a friend" des griechischen Schuldenbergs. Auch die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua erwähnt Fekters "fierce criticism", die "International Business Times" zeigt gar ein Foto Fekters.

Als Innenministerin generierte Fekter in Brüssel eher mäßig Publicity, in ihrem neuen Amt als Finanzministerin sticht sie in ihrer Wortwahl unter den grauen Krawattenträgern und ihren wenigen weiblichen Kollegen offenbar heraus. Zusammen mit der spanischen Finanzministerin Elena Salgado lieferte sie den Reportern in Brüssel am Dienstag die markigsten Sager. "Sie wissen, das ist ein Justizfall und Justizfälle kommentiere ich nicht", meinte sie beim Thema Strauss-Kahn zunächst zu den Reportern in Brüssel (Bild). Gefragt, ob sie dessen Rücktritt erwarte, wurde Fekter konkreter: "Im Hinblick auf die Situation, dass eine Kaution abgelehnt wurde, muss er sich selber überlegen, dass er ansonst der Institution Schaden zufügt."

Nulldefizit-Ankündigung im Radio
Kaum zurück, sorgte Fekter in Österreich am Mittwochvormittag für verdutzte Gesichter. In einem Interview im Radio-Ö1-"Morgenjournal" überholte sie ihren eigenen Finanzrahmen, der wenige Stunden später im Parlament beschlossen werden soll. Der budgetäre Vierjahresplan sieht einen kontinuierlichen Rückgang des Defizits zwischen 2012 und 2015 von 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf zwei Prozent vor. Fekter überholte das um ganze zwei Prozentpunkte: Sie hält nämlich ein Nulldefizit schon 2015 für möglich.

"Ich kann mir schon vorstellen, dass wir 2015 schon ein Nulldefizit haben werden", so Fekter. Die Finanzministerin drängte in Ö1 zudem auf Privatisierungen, um die Staatsschulden abzubauen. Denn mit einer Defizitreduktion alleine und selbst mit Überschüssen werde man den Schuldenabbau nicht bewerkstelligen können.

Spindelegger-Aussage zu Steuerreform revidiert
Und weil zu einer gewagten Nulldefizit-Ansage auch ein Steuer-Versprechen dazu gehört, sorgte Fekter auch bei diesem Thema für neuerliche Verwirrung. Zuletzt hatten sowohl VP-Generalsekretär Hannes Rauch als auch Parteichef Michael Spindelegger klargemacht, dass derzeit finanziell kein Spielraum für eine Steuerreform gegeben sei und die Volkspartei mit einem Reformkonzept in die Wahl 2013 ziehen will. Fekter stellt jetzt plötzlich wieder eine baldige Entlastung in Sicht. Die ÖVP werde ihr Modell "mit Sicherheit noch vor der nächsten Wahl präsentieren" und hoffen, im Nationalrat dafür eine Mehrheit zu finden, so die Ministerin bei Ö1. 

Auf die Frage, ob das dann ein "Wahlkampfpaket" wäre, antwortete sie: "Na ja, wenn wir im Parlament eine Mehrheit finden mit unserem Koalitionspartner, können wir es ja gleich umsetzen."

Fortsetzung der "Fekter-Show" im Parlament
Kurze Zeit nach dem Radioauftritt wechselte die "Fekter-Show" in den Nationalrat. Bei der aktuellen Europastunde zu Beginn der Sitzung widmete sich die Finanzministerin erneut den Themen Griechenland und Euro-Krise. Fekter verteidigte die EU-Haftungen, betonte aber zugleich, dass ein Schuldennachlass für Athen keine Lösung sei. Auch eine Umschuldung zuungunsten der Hartwährungsländer komme "ja gar nicht in Frage".

Griechenland stehe da wie Österreich in den 70er-Jahren mit einem hohen Verstaatlichten- und einem enorm hohen Beamtenanteil sowie mit einer Philosophie, dass der Staat ein Selbstbedienungsladen sei. Gefordert sei daher etwa eine Verschlankung der Administration sowie die Einführung eines effizienteren Steuersystems: "Es kann nicht sein, dass die Eurozone hilft und sie sich zurücklehnen."

Einen Austritt aus dem Euro, wie er von FPÖ und BZÖ gefordert wird, lehnte die Finanzministerin ab. Ein Drittel des österreichischen Wachstums sei auf die gemeinsame Währung und den Binnenmarkt zurückzuführen. Der Euro sei eine Erfolgsgeschichte und wesentlich stabiler als der US-Dollar. Würde man "kleingeistig" zum Schilling zurückkehren, würde das mit Armut für die Bevölkerung enden.

"Mit Sicherheit nicht feig"
Der Widerhall im Nationalrat war dann aber etwas größer als bei ihren Bonmots in Brüssel. Das BZÖ, das das Thema für die Europastunde vorgegeben hatte, geißelte die Regierung für die "Eurolüge", den orangen Justizsprecher Ewald Stadler provozierte der Redebeitrag Fekters gar dazu, am Rednerpult darüber nachzudenken, ob man den Aussagen von Erste-Chef Andreas Treichl (Österreichs Politiker seien feig und blöd, Anm.), nicht doch recht geben müsse.

Zum Thema Treichl hatte sich Fekter schon am Dienstag geäußert: "Wenn ich politisch etwas bin, dann mit Sicherheit nicht feig." Zumindest, was ihre Wortspenden betrifft, dürfte sie recht haben.

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