Es begann im Mai 2021. „Wir waren zu Hause in Quarantäne und mein Sohn hat Walter Temmer auf TikTok entdeckt“, erzählt Ewald Koschu. Der 37-jährige Familienvater aus Feldkirchen in Kärnten wurde neugierig: Tausende Euro nebenbei verdienen? Ganz leicht, indem man Internet-Domaines, also Adressen, verkauft? „Der Bub hat gesagt: Papa, jetzt musst du nicht mehr arbeiten gehen!“
Und so meldete sich Koschu für Walter Temmers Online-Kurs an. Kostenpunkt: 3500 Euro. „Nach einem Telefonat gab es ein Online-Meeting mit einer Mitarbeiterin. ,Die Warteschlange ist lang, es gibt nur noch wenige freie Plätze, Herr Temmer nimmt nicht jeden’, hat sie gesagt. Es gab keine Bedenkzeit.“
Die Ernüchterung kam nach den ersten Verkaufsversuchen via Brief. „Das war eine Katastrophe, ich habe absolut gar nichts verkauft.“
Woche für Woche mehr Beschwerden
So wie Koschu erging es auch vielen anderen – über 50 Beschwerden gegen Temmer sind beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) eingelangt, 20 bei der Arbeiterkammer. „Jede Woche kommen vier, fünf Leute dazu“, sagt Reinhold Schranz vom VKI. „Die meisten haben keine einzige Domain verkauft, manche eine oder zwei. Den versprochenen Gewinn hat niemand erzielt.“ Aber das ist nicht das einzige Problem mit der „Masterclass“. „Die Verträge sind ungültig, weil das Angebot eigentlich schriftlich zugesandt werden muss. Das soll die Konsumenten vor Überrumpelung schützen.“ Bei der Anmeldung verzichten die Kunden auf ein 14-tägiges Rücktrittsrecht – was rechtlich nicht möglich ist. „Dazu kommt noch der Wucher-Preis und die Irreführung. Die Videos haben nicht die versprochene Schulungsqualität.“
Der VKI konnte sich außergerichtlich einigen und das Geld zurückholen. Temmer hat die „Masterclass“ eingestellt. Aber für viele war die Erfahrung tragisch, sagt Konsumentenschützer Schranz. „Das waren Studenten, Mindestpensionisten, Mütter ein Karenz, die sich Geld dazuverdienen wollten. Eine Frau wollte so eine Operation für ihr Kind finanzieren. Temmer spielt mit diesen Leuten.“
Walter Temmer bestreitet alle Vorwürfe
Der Unternehmer aus der Südsteiermark bestreitet alle diese Vorwürfe. „Dass wir ungültige Verträge abschließen, ist Bullshit“, sagt er. „Die Leute können sich bewerben, da werden sie schon auf die Kosten hingewiesen. Dann kommt ein Anruf und dann noch einmal Tage später ein Zoom-Call. Erst dort können sie kaufen.“
Auch die Videos hätten eine hohe Qualität, zusätzlich seien 1000 Stunden mit einem Coach im Preis inbegriffen. „Dass Erfolge ausbleiben, mag schon sein. Ich bin kein Zauberer. Man muss auch etwas tun, wenn man erfolgreich sein will. Hunderte meiner Kunden sind zufrieden.“
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