So schnittig und elegant kann ein SUV-Coupé aussehen. Die Dachlinie des Volvo C40 Recharge ist ein Genuss, das Heck mit den sich windenden und bis zur Dachkante hinauflaufenden Heckleuchten schon fast sexy. Wenn nur die Front mit Plastikblende statt Kühlergrill nicht wäre! Doch das mindert die Freude am Schwedenstromer kaum. Es ist Volvos erstes Auto, das sie ausschließlich mit Elektromotor anbieten.
Eines muss vorweggesagt sein, bevor hier unter der Story wieder kommentiert wird á la „das ist kein Schwede, sondern ein Chinese“: Der Volvo C40 wird im belgischen Gent gebaut. Und nur weil Volvo chinesische Eigentümer hat, ist es noch lange keine chinesische Marke. Es käme wohl auch kaum jemand auf die Idee, Jaguar Land Rover als indisch zu bezeichnen, nur weil sie Teil des Tata-Konzerns sind. Auch Mercedes-Benz gehört zu einem Fünftel zwei chinesischen Konzernen. Können wir uns also darauf einigen, von einem schwedischen Auto zu sprechen? Danke.
Es ist auch der Gesamteindruck ganz und gar kein chinesischer, der C40 wirkt durchaus schwedisch und bereichert den Markt mit einem eigenen Charakter. Ok, der ist wiederum ähnlich wie im Volvo XC40 und im Polestar 2, aber mit denen teilt er sich ja auch die Technik. Mit einem Tesla oder VW (oder auch mit chinesischen Autos) hat das nichts zu tun.
Die blaue Tapezierung des Testwagens ist sicher nicht jedermanns Sache, aber da hat man ja die Wahl. Die hinterleuchteten Blenden, die mit durchscheinendem Licht ein Muster zaubern, sind hingegen mehrheitsfähig. Die eingeprägten Linien sind Höhenlinien aus den Karten eines nordschwedischen Nationalparks. Viele Materialien sind recycelt, Leder gibt es nicht, alles vegan.
Kein guter Durchblick
Man sitzt angenehm auf den bequemen Vordersitzen. Nur zwei Dinge stören: Wegen der flachen Heckscheibe ist die Sicht nach hinten nicht gut (auch wenn man die hinteren Kopfstützen per Tipp auf den Touchscreen flach klappen kann), außerdem ist die Sonnenblende unsinnig geformt: Sie ist seitlich schräg. Links zu kurz und rechts zu lang, dadurch verdeckt sie oft die Sonne nicht und der Fahrer wird geblendet.
Auf der Rückbank finden durchschnittlich große Gäste ausreichend Kopf- und Kniefreiheit, größer gewachsene spüren den Dachhimmel am Scheitel und der Einstieg ist etwas schmal. Der Kofferraum reicht für 413 Liter Gepäck, mit flachgelegter zweiter Reihe sind es 1205 Liter. Hinzukommt ein 31-Liter-Staufach unter der Fronthaube.
Die Armaturenlandschaft ist übersichtlich, als Cockpitanzeige fungiert ein 12,3 Zoll großes Display. Man kann sich schnell an das Navitainment mit dem Neun-Zoll-Touchscreen gewöhnen. Es basiert komplett auf Android Automotive. Daher ist Google Maps integriert. Dieses erlaubt die Planung längerer Routen mit automatisch integrierten Ladestopps. Apple CarPlay ist per Kabel verfügbar. Schalter und Knöpfe gibt es nur wenige. Die Aussparung für das Zündschloss neben dem Lenkrad ist etwas unelegant mit einer Plastikblende verschlossen, es gibt auch keinen Startknopf. Das Einlegen der Fahrstufe mit dem stylischen Wählhebel reicht.
Fahren, federn, laden
Die Basismotorisierung besteht aus einem 150 kW/204 PS starken Motor an der Vorderachse, der Testwagen hat einen zweiten an der Hinterachse, dadurch insgesamt 408 PS, 660 Nm und Allradantrieb.
So ist man im Volvo C40 manchmal sportlicher unterwegs als geplant, weil er völlig unaufwendig brutal anzieht. Der (nach DIN) gut 2,1 Tonnen schwere Schwede beschleunigt in 4,7 Sekunden auf 100 km/h, bei 180 km/h wird er (wie alle aktuellen Volvos) abgeregelt. Das Fahrwerk ist weniger sportlich als der Antrieb und absolut familientauglich.
Dire Batteriekapazität beträgt 75 kWh netto, Volvo gibt einen WLTP-Verbrauch von 21,1 kWh/100 km und eine WLTP-Reichweite von bis zu 437 Kilometer an. In der Praxis sind wir laut Bordcomputer im Schnitt auf ungefähr 30 kWh/100 Kilometer gekommen (bei niedrigen einstelligen Temperaturen und beträchtlichem Autobahnanteil). Da ist es gut, dass Google Maps Ladestopps automatisch einplanen kann. Die maximale Ladeleistung beträgt mit Gleichstrom offiziell 150 kW, mit Wechselstrom 11 kW.
Die Preisliste beginnt bei 52.650 Euro für den Single-Motor-C40 bzw. 58.530 Euro für die starke Variante. Es gibt zwei gut bestückte Ausstattungsvarianten, die sich um 3400 Euro sowie u.a. durch Pixel-LED-Scheinwerfer (mit jeweils 84 Segmenten), Surroundkamera oder Harman-Kardon-Sound unterscheiden. Der Testwagen kommt mit 20 statt 19 Zoll großen Felgen, Anhängerkupplung etc. auf über 64.000 Euro.
Unterm Strich
Der Volvo C40 Recharge ist ein Gesicht in der Menge, wobei ausgerechnet sein Gesicht nicht gerade die Schokoladenseite ist. Aber er hat ja auch noch andere Ansichten und vor allem viele gute Eigenschaften. Dazu gehört das Google-Bediensystem, das mit Stabilität und Geschwindigkeit überzeugt. Eingepreist ist der Volvo nicht gerade schüchtern, dafür bietet er aber auch Premiumeindruck und gute Ausstattung. Dazu gehören viele Assistenten. Allerdings: Der selbst lenkende Adaptivtempomat funktioniert nur bis 139 km/h laut Tacho. Das stört weder in China, noch in Schweden - aber bei jeder Fahrt nach Deutschland.
Warum?
Schnittige Optik
Starker Antrieb
Google-Betriebssystem
Warum nicht?
Wenig sparsam
Oder vielleicht …
… Volvo XC40 Recharge, Polestar 2, VW ID.5, Ford Mustang Mach-E, Audi Q4 e-tron Sportback, Tesla Model Y
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