Bei einem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen (UN) im September 2015 wurde die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ beschlossen. Alle 193 Mitgliedsstaaten verpflichteten sich zur Umsetzung von 17 „Sustainable Development Goals“, die einen globalen Plan zur Förderung nachhaltigen Friedens und Wohlstands sowie dem Schutz des Planeten darstellen. Die Umsetzung einzelner „Sustainable Development Goals“ wird für 2000 Betriebe bald verpflichtend. Betroffene Unternehmen sind daher gut beraten, schon jetzt mit der Umsetzung zu beginnen, wie Experte Tobias Höllbacher betont.
Seit dem Jahr 2016 arbeiten alle Länder und somit auch Österreich an der gemeinsamen Vision, Armut zu bekämpfen und Ungleichheiten zu reduzieren. Die 17 Ziele beinhalten unter anderem „Nachhaltige Städte und Gemeinden“, „Nachhaltiger Konsum und Produktion“, „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ oder „Bezahlbare und saubere Energie“ sowie die „Geschlechtergleichheit“.
Da sich die Staaten dazu verpflichtet haben, ist freilich auch die Wirtschaft davon betroffen. Schon bisher mussten Betriebe, die im Jahresdurchschnitt über 500 Mitarbeiter beschäftigen, deren Bilanzsumme über 20 Millionen Euro bzw. deren Umsatzerlöse über 40 Millionen Euro liegen und die von öffentlichem Interesse sind, über Nachhaltigkeitsaspekte berichten.
Statt bisher 90 sind bald 2000 Firmen betroffen
Diese Berichtspflicht erfährt mit der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ ein grundlegendes Update. So müssen ab 2023 alle Betriebe, die zwei der folgenden drei Merkmale erfüllen, einen Bericht erstellen: Eine Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse von über 40 Millionen Euro oder eine durchschnittliche Anzahl an Beschäftigten von über 250 während des Jahres.
Waren bisher in Österreich nur rund 90 Firmen betroffen, so erhöht sich diese Zahl schlagartig auf 2000. Die Berichtspflicht umfasst unter anderem die Themen Umwelt, Soziales sowie Arbeitnehmer und konkrete Informationen zur Wertschöpfungskette.
„Unternehmen können sich ihre Ziele selber aussuchen“
Im Gespräch mit der „Tiroler Krone“ erzählt Experte Tobias Höllbacher, welche von den 17 „Sustainable Development Goals“ für Betriebe relevant sind und wie sie zusätzlich profitieren.
Krone: Welche der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sind für die heimischen Betriebe denn von größter Bedeutung?
Tobias Höllbacher: Die Unternehmen können sich ihre Ziele selber aussuchen. Daher gilt es zu analysieren, welche für den Betrieb und welche für die Kunden bzw. Stakeholder am meisten Sinn machen. Ein Gastronomiebetrieb beispielsweise kann den Fokus auf regionale Produkte legen und sich überlegen, was mit der Ware, auf die er sitzen bleibt, passiert. Freilich kann man nicht alles richtig machen, es braucht auch Mut zur Lücke.
Aus den Prozessen zur Erreichung der Ziele entstehen oft auch neue Geschäftsmodelle und Ideen.
Tobias Höllbacher
Ich habe einmal einen Workshop mit gewerblichen Dienstleistern gemacht. Da kam Ziel Nummer vier - hochwertige Bildung - als Topthema heraus, da gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im Unternehmen bleiben, eine bessere Arbeit liefern und somit auch die Kunden langfristig gehalten werden können.
Wer sind Ihre Kunden in Tirol und darüber hinaus?
Es sind sowohl internationale Großunternehmen als auch Klein- und Mittelbetriebe. Ich bin auch Teil der CSR-Expertengruppe (Corporate Social Responsibility, Anm.) in der Tiroler Wirtschaftskammer. Wir richten uns freilich an alle Unternehmen im Land, ganz unabhängig von der Branche oder Größe.
Wie sieht die Begleitung der Kunden konkret aus?
Im ersten Schritt schaue ich mir an, was alles schon umgesetzt wird im Unternehmen. Dann wird abgeklärt, wie groß die Bereitschaft zur Veränderung ist. In einem Workshop werden anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen diskutiert. Natürlich stelle ich auch die 17 Ziele vor.
Weiters werden die internen und externen Stakeholder unter die Lupe genommen. So können die relevanten Ziele in eine Prioritätenliste eingeordnet werden. Dann wird abgeklärt, was die Abteilungen beitragen können. Zum Schluss wird alles intern und extern kommuniziert. Getreu dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber.“
In der öffentlichen Debatte wird Nachhaltigkeit meistens mit dem Klimawandel und dem Artensterben gleichgesetzt. Sie ist aber etwas viel Umfassenderes.
Tobias Höllbacher
Neben der Erreichung der Ziele, welche Vorteile haben die Betriebe darüber hinaus?
Aus den Prozessen zur Erreichung der Ziele entstehen oft auch neue Geschäftsmodelle und Ideen. Und wenn man bei einem Wettbewerb wie zum Beispiel dem Trigos, bei dem Betriebe für verantwortungsvolles Wirtschaften ausgezeichnet werden, teilnimmt, erhält man zusätzliche und wertvolle Präsenz in den Medien.
Was ist Ihnen beim Thema Nachhaltigkeit wichtig?
In der öffentlichen Debatte wird sie meistens mit dem Klimawandel und dem Artensterben gleichgesetzt. Nachhaltigkeit ist aber etwas viel Umfassenderes. Sie beinhaltet zusätzlich auch das Soziale sowie das Ökonomische. Es ist also nicht nur der Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch gegen die soziale Ungerechtigkeit.
Tobias Höllbacher ist unter dem Firmennamen „SERU Consulting“ ISO-zertifizierter selbstständiger Unternehmensberater. Er absolvierte den Masterlehrgang General Management und ist zudem ausgebildeter Krisen- und Katastrophenmanager. Derzeit absolviert der 42-jährige Tiroler, der in Völs lebt, zudem eine Ausbildung zum Psychotherapeuten.
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