Geht nicht ans Netz

Deutschland legt Gaspipeline Nord Stream 2 auf Eis

Ausland
22.02.2022 14:52

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz macht Ernst: Die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 wird als Reaktion auf die russische Eskalation im Ukraine-Konflikt auf Eis gelegt, das Genehmigungsverfahren ist bis auf Weiteres gestoppt. Damit kann die russisch-deutsche Erdgasleitung nicht ans Netz gehen. Die russische Regierung zeigte sich von der Entscheidung aus Berlin unbeeindruckt. 

Er habe das Wirtschaftsministerium angewiesen, eine Neubewertung der Pipeline vorzunehmen, durch die russisches Gas direkt nach Deutschland geleitet werden soll, sagte Scholz am Dienstag in Berlin. „Das geht jetzt einen neuen Gang, das wird sich sicher hinziehen.“ Klar sei, die Situation müsse jetzt neu bewertet werden. „Die Lage ist heute eine grundlegend andere.“ Deshalb müssten „all die Fragen, die uns bewegen, mit einfließen“. Derzeit werde es keine Zertifizierung für den Betrieb der Pipeline geben - und ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen.

Ein mit Eis bedeckter Förderkopf auf der russischen Gydan-Halbinsel (Bild: AFP)
Ein mit Eis bedeckter Förderkopf auf der russischen Gydan-Halbinsel

Russland: „Haben keine Angst und glauben nicht an Tränen“
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba lobte die Entscheidung von Scholz. „Das ist moralisch, politisch und praktisch der richtige Schritt unter den gegenwärtigen Umständen“, schreibt Kuleba auf Twitter. „Wahre Führung bedeutet harte Entscheidungen in schwierigen Zeiten. Deutschlands Schritt beweist genau das.“ Die russische Regierung zeigte sich unbeeindruckt. Sie habe keine Angst und glaube nicht an Tränen, sagt Vize-Außenminister Andrej Rudenko der Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Auf die Frage eines Journalisten, ob die zugespitzte Lage möglicherweise geplant gewesen sein könnte, um die Inbetriebnahme der Gasleitung durch die Ostsee zu verhindern, sagte er: „Es ist schwer zu sagen, ob es einen Zusammenhang gibt oder nicht. Ich will nicht spekulieren.“ Die USA und die Ukraine wollten die Pipeline verhindern.

In einer TV-Ansprache warf Putin der Ukraine unter anderem vor, das Land würde eigene Atombomben bauen wollen und hätte Massenverbrechen am russischstämmigen Volk in der Ostukraine verübt. (Bild: AP)
In einer TV-Ansprache warf Putin der Ukraine unter anderem vor, das Land würde eigene Atombomben bauen wollen und hätte Massenverbrechen am russischstämmigen Volk in der Ostukraine verübt.

Johnson zu Nord Stream 2: „Nabelschnur durchtrennen“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte wie der britische Premier Boris Johnson und die österreichischen Grünen zuvor einen sofortigen Stopp von Nord Stream 2 gefordert. „Wir müssen sicherstellen, dass wir die Nabelschnur durchtrennen“, sagte Johnson, der auch betonte, dass die Gaspipeline das Ziel von EU-Sanktionen sein müsse. US-Präsident Joe Biden hatte bei einem Treffen mit Scholz jüngst deutlich gemacht, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für die Leitung bedeuten würde.

Putin hoffte auf rasche Inbetriebnahme
Der 1230 Kilometer lange Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland ist zwar fertiggestellt, es fließt bisher aber noch kein Erdgas durch die Pipeline. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt mehrfach die Hoffnung geäußert, dass Nord Stream 2 rasch in Betrieb genommen wird. Das würde nach Darstellung Putins zu einer Entspannung auf dem wegen hoher Preise überhitzten Energiemarkt führen.

Die in der Schweiz ansässige Projektgesellschaft Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom. An der Finanzierung der Röhre beteiligen sich auch der deutsche Versorger Uniper sowie in Österreich das Energieunternehmen OMV. Die Gesamtkosten waren auf 9,5 Milliarden Euro beziffert worden.

Putin hatte am Montag die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkannt und die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine angeordnet.

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