Am Wiener Straflandesgericht haben sich am Donnerstag zwei mutmaßliche Bitcoin-Betrüger vor Gericht verantworten müssen. Die beiden Männer sollen über das Internet und über persönliche Vermittlungen von 2018 bis 2019 in Österreich 79 Investoren angeworben und um Gelder betrogen haben. Der verursachte Schaden soll laut Anklage weit über eine Million Euro hinausgehen. Im Falle einer Verurteilung wegen gewerbsmäßig schweren Betruges drohen den beiden bis zu zehn Jahren Haft.
Der Schöffenprozess hatte mit zweistündiger Verspätung begonnen. Es musste zuerst ein weit größerer Saal gesucht werden, um alle Prozessbeteiligten - vor allem die Vielzahl an Privatbeteiligtenvertretern - coronakonform mit genügend Abstand unterzubringen. Die Verhandlung geht auch noch nicht am Donnerstag zu Ende, es werden noch zwei Prozesstage benötigt. Die beiden Angeklagten - 28 und 41 Jahre alte Österreicher - bekannten sich teilweise schuldig.
Sie gaben an, den Verein für den von der Staatsanwältin bezeichneten „groß angelegten Investitionsbetrag mit Bitcoins“ nicht in betrügerischer Absicht gegründet zu haben. Vielmehr gab es aufgrund eines Hackerangriffs auf die Krypto-Börse Binance einen Einbruch auf das Geschäft, weil die Ein- und Auszahlungen gestoppt werden mussten. Während der eine mit Bitcoins gehandelt habe, hätte der ältere der beiden - ein ehemaliger Wirtschaftsstudent - die Kunden angeworben.
Der 28-jährige Erstangeklagte wurde erst 2016 aus dem Gefängnis entlassen. Weil der Zimmerer zunächst keine Arbeit fand, investierte er seine Ersparnisse und von Freunden geliehene Beträge in Kryptowährung. „In einem Monat hatte ich fast eine Verdoppelung. Das ging damals gut“, erzählte er dem Schöffensenatsvorsitzenden Michael Tolstiuk. Ende 2017 lernte er den Zweitangeklagten kennen und man beschloss, auf diesem Weg „legal real Leuten Geld zu vermitteln“. Mit zwei weiteren Bekannten wurde überlegt, wie für die Investitionen mit Kryptowährung geworben werden könnte.
Duo ließ sogar Infobroschüren drucken
Dazu gründete das Duo laut Staatsanwaltschaft in der Schweiz den Verein namens „Da Vinci Fintech Executives Switzerland“, um im Internet als exklusiver und privater Investmentclub aufzutreten. Sogar Informationsfolder wurden gedruckt, wie die Staatsanwältin darlegte. Dieser Verein versprach potenziellen Investoren hohe Renditen von 2,5 Prozent pro Woche und zehn Prozent pro Monat. Laut Angaben des Erstangeklagte sei dies auch möglich gewesen, elf Monate lang habe man den Investoren ihre Gewinne ausgezahlt. Über ein Wallet - eine elektronische Geldbörse - konnten Interessierte einzahlen und über ein eigens eingerichtetes Dashboard ihre Gewinne ansehen. Um die Investition besonders attraktiv zu machen, wurde laut Anklägerin erklärt, dass das Bitcoin Handelsvolumen mit 800 limitiert sei. „Damit lässt sich leichter handeln“, argumentierte der 28-Jährige. „Weniger Arbeit, mehr Freizeit.“
Die Bitcoins haben die Hälfte ihres Wertes verloren. Wir konnten die Kunden nicht mehr ausbezahlen.
Beschuldigter beim Prozess
Im Mai 2019 kam es dann durch den Hackerangriff zum Crash. „Die Bitcoins haben die Hälfte ihres Wertes verloren“, sagte der Beschuldigte. „Wir konnten die Kunden nicht mehr ausbezahlen.“ Über WhatsApp wurde innerhalb des Vereins diskutiert, wie nun weiter verfahren werde. Die Kunden wurden nicht informiert und die beiden Beschuldigten machten so weiter, in der Hoffnung, dass sich der Markt wieder erholen werde. Für die Staatsanwältin sei dies ein Betrug nach dem „Ponzi-System“ gewesen - eine Art Schneeballsystem, benannt nach dem US-Betrüger Charles Ponzi. „Es werden Versprechungen von utopisch hohen Renditen gemacht und die ersten Kunden erhalten nur deshalb einen Gewinn, wenn neue Kunden investieren. Wenn es keine neuen Kunden gibt, kollabiert das System“, sagte die Staatsanwältin. Das Dashboard habe nur virtuell existiert, in reale Investitionsverläufe hätten hier gar nicht eingesehen werden können.
Es habe sich um kein Ponzi-System gehandelt, widersprach der Verteidiger des Erstangeklagten, Dominik Wild (Kanzlei Kollmann Wolm). Das Projekt sei nicht ins Leben gerufen worden, um zu betrügen, sondern um Geld zu verdienen. Als es im Mai 2019 zu dem Crash gekommen war, sei auch der Verein „Da Vinci“ in die Ecke gedrängt worden. Da hätte der 28-Jährige das Ganze beenden sollen, sagte Wild. Der Kryptowährungsmarkt sei sehr sprunghaft und man könne nie mit Sicherheit sagen, wie er sich entwickelt.
2021 endeten sämtliche Auszahlungen
Den damaligen Investoren wurden zunächst immer wieder kleinere Beträge zurückgezahlt und sie dadurch verleitet, höhere Beträge zu veranlagen. 2021 war mit den Auszahlungen Schluss, immer mehr Opfer erstatteten schließlich Anzeige bei der Polizei, die umfangreichen Ermittlungen starteten. Im Sommer 2021 wurden beide festgenommen, wobei der jüngere seither in U-Haft verblieb und der ältere nach mehreren Monaten auf freien Fuß gesetzt wurde.
Neben dem Betrug ist der Erstangeklagte auch wegen versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch angeklagt. Er fühlte sich 2019, als die Gewinne nicht mehr ausgezahlt werden konnten, von einem Fahrzeug verfolgt. Der 28-Jährige glaubte, es handle sich um Gläubiger und bat zwei befreundete Polizisten - übrigens auch zwei Investoren - für ihn das Kennzeichen ausheben zu lassen. In Wahrheit war dem jungen Mann bereits die Polizei auf den Fersen und bei besagtem Auto handelte es sich um Beamte der Kriminalpolizei, die den 28-Jährigen observierten.
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