Es sind Bilder, die erschüttern. Die Angriffe auf die Ukraine machen einfach nur sprachlos. Drei in Graz lebende Frauen, die familiär von der Situation betroffen sind, haben Worte gefunden.
„Zuerst war ihr überhaupt nicht bewusst, was los ist“, erzählt Tetiana Miyus von ihrer Mutter. Enorme Erschütterungen hätten diese in der Früh plötzlich aus dem Bett gerissen. „Wissen Sie, solche Geräusche kennt man im 21. Jahrhundert nicht und kann sie auch schwer zuordnen.“ Deutlich hörbar seien mehrere Explosionen gewesen.
Miyus ist fassungslos und in Gedanken bei ihrer Familie. Die Sopranistin lebt seit zehn Jahren in Graz und fühlt sich hier zu Hause. Sie selbst habe die Morgenstunden als surreal erlebt. Ihre Emotionen könne sie gerade schwer in Worte fassen, aber ihre Stimme bleibt klar: „Ich wollte es nicht wahrhaben, dass es tatsächlich so weit kommt“, sagt sie. Doch unzählige Nachrichten von Bekannten aus Odessa oder Lwiw hätten ein deutliches Bild gezeichnet: „Der Krieg ist ausgebrochen“, so Miyus.
Die Künstlerin sagt, dass sich das Volk bemühe, möglichst ruhig zu bleiben, doch Angriffe seien allgegenwärtig, man könne kein Geld abheben und nirgendwo hin. Überall gebe es Staus. Auch die Autobahnen in Richtung westlicher Grenze sind verstopft. Viele Menschen würden schon seit mehr als 24 Stunden in den Pkw auf eine Weiterfahrt warten. „Ich habe zu meiner Mama gesagt, sie soll das Nötigste zusammenpacken und versuchen, irgendwohin zu fahren, wo es sicherer ist.“ Die 33-Jährige berichtet von blockierten Stadtgrenzen, die ein Vorankommen fast unmöglich machen. Nur Frauen und Kindern sei es erlaubt zu flüchten, denn Männer bis 60 müssten bleiben, um die Grenzen zu schützen.
Unzählige Menschen fliehen aus der Ukraine
Es sind Tausende Menschen, die flüchten und alles zurücklassen. Miyus fühlt deshalb eine große innere Unruhe und ist gleichzeitig dankbar für den empathischen Beistand, den sie von Freunden in Graz erlebt. „Die Menschen aus der Ukraine sind ein starkes und friedvolles Volk. Sie wollen keinen Krieg und schützen sich.“ Wichtig sei jetzt vor allem, die richtigen Informationen zu verbreiten.
Dass Informationen aus verlässlichen Medien für die Menschen in der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt besonders bedeutsam sind, erwähnt auch Iryna Pihovych. Die Musiklehrerin aus Graz ist plötzlich in einer anderen Welt aufgewacht. „Ich habe sofort meine Eltern in Kiew angerufen. Zum Glück funktioniert die Telefonverbindung noch“, sagt Pihovych und erzählt weiter: „Sie wollen ihre Heimat nicht verlassen und sind bereit, sich zu verteidigen.“ Die 38-Jährige sei extrem besorgt, auch weil sie von Freunden aus der Ukraine erfahren hat, dass Gebäude in Flammen stehen, Flugplätze und Militärstützpunkte von Bombenangriffen betroffen sind. „Ich habe Fotos von dort gesehen, es ist beängstigend.“ Sie hofft deshalb auf Sanktionen aus Europa.
Auch Halyna Iskiv fühlt sich machtlos. Trotzdem stellt sie voller Tatendrang am Wochenende wieder eine Demonstration für die Ukraine auf die Beine, um sich für den Frieden in Europa einzusetzen. Ständig sei die 39-jährige Dolmetscherin außerdem in Kontakt mit ihren Lieben in Lwiw. „Meine Freundin hat mir geschrieben, dass sie vorbereitet sind, sollte das Internet ausfallen.“ Für Iskiv ist es schwierig, nur bedingt helfen zu können: „Was sich die Menschen wünschen, sind Freiheit und Frieden.“
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