Hoher Blutzoll

„Medizinischer Notfall“: Russland rekrutiert Ärzte

Ausland
27.02.2022 13:28

Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine scheint auf russischer Seite mehr Opfer zu fordern als erwartet: Laut durchgesickerten Dokumenten des russischen Gesundheitsministeriums sucht der Kreml in ganz Russland nach Ärzten, Sanitätern und anderem medizinischen Personal, um die Verwundeten zu versorgen. In der Ukraine befürchtet man indes, dies zeige, dass Putin „die Absicht hat, dies zu Ende zu führen“.

Das berichtet das britische TV-Netzwerk ITV, dem die offenbar vom stellvertretenden russischen Gesundheitsminister Andrej Plutnitsky unterschriebenen Dokumente zugespielt wurden.

In dem Schreiben ersucht er medizinische Einrichtungen in ganz Russland, Personal zur Verfügung zu stellen, das sich darauf vorbereiten solle, „sofort an Aktivitäten beteiligt zu sein, die darauf abzielen, Leben zu retten und die Gesundheit der Menschen in Russland zu erhalten.“

Laut den Unterlagen sucht man Trauma-, Herz-, Kiefer- und Kinderchirurgen, Anästhesisten, Radiologen, (OP-)Krankenschwestern und Spezialisten für Infektionskrankheiten. Das medizinische Personal werde vom „föderalen Zentrum für medizinische Katastrophen“ bezahlt, heißt es in dem Dokument weiter. Der Kreml hat sich noch nicht zu dem Dokument geäußert.

Russische Verluste offenbar höher als erwartet
Laut ukrainischen und westlichen Quellen könnte der Aufruf aber durchaus authentisch sein. Erst am Samstag hieß es aus dem Umfeld des britischen Verteidigungsministeriums, dass „die russischen Verluste vermutlich schwer und höher als erwartet oder vom Kreml anerkannt“ ausfallen.

Rettungswagen vor einem Krankenhaus im russischen St. Petersburg (Archivbild) (Bild: stock.adobe.com)
Rettungswagen vor einem Krankenhaus im russischen St. Petersburg (Archivbild)

Ein Vertreter der ukrainischen Streitkräfte sagt, das Dokument zeige, dass die Russen „nicht damit gerechnet haben, mit einem solchen Maß an Widerstand und Verlusten konfrontiert zu sein.“ Es zeige, dass Russland „weit davon entfernt“ sei, die Ziele seines Überraschungsangriffs zu erreichen.

In der Ukraine ist man besorgt: Will Putin den Krieg ungeachtet der Opferzahlen auf russischer Seite bis zum Ende führen? (Bild: APA/Georg Hochmuth)
In der Ukraine ist man besorgt: Will Putin den Krieg ungeachtet der Opferzahlen auf russischer Seite bis zum Ende führen?

Dass in ganz Russland nach Medizinern gesucht werde, sei aber auch Anlass zur Sorge und zeige möglicherweise, dass Putin die Absicht habe, seinen Angriff „trotz riesiger menschlicher Verluste bis zum Ende zu führen.“

Ukraine meldet über 4000 getötete russische Soldaten
Laut ukrainischen Angaben wurden bisher mehr als 4000 russische Soldaten getötet, mehr als 200 habe man gefangengenommen. Es seien mehr als 140 russische Panzer, Dutzende Kampfflugzeuge und Hubschrauber sowie mehr als 700 Militärfahrzeuge zerstört worden.

„Wir werden die Waffen nicht niederlegen, wir werden unseren Staat verteidigen“, sagte der ukrainische Präsident in einem Video am Samstagmorgen. (Bild: AFP)
„Wir werden die Waffen nicht niederlegen, wir werden unseren Staat verteidigen“, sagte der ukrainische Präsident in einem Video am Samstagmorgen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde am Samstag in lokalen Medien mit den Worten zitiert, die russischen Verluste zeigen „nicht nur, dass die Ukraine überlebt, sondern dass die Ukraine gewinnen wird.“

Die Angaben der Kriegsparteien können kaum von unabhängiger Seite überprüft werden. Gesicherte Informationen sind immer schwerer verfügbar. Viele westliche Journalisten haben Kiew verlassen. Eine diplomatische Lösung für den Konflikt ist nicht in Sicht. Um Druck auf Russland auszuüben, traten in der Nacht auf Samstag neue EU-Sanktionen in Kraft.

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