Vorsicht bei Einnahme!

Apotheken: Engpässe bei Kaliumjodid-Tabletten

Österreich
28.02.2022 10:44

Tschernobyl eingenommen, Gefechte rund um Atomkraftwerke und nun auch Atomwaffen in Alarmbereitschaft. Während der Konflikt um die Ukraine massiv weiterbrodelt, wächst in Österreich die Sorge vor einer atomaren Gefahr. Dies zeigt sich auch in den heimischen Apotheken - derzeit kommt es hier nämlich zu Engpässen für Kaliumjodid-Tabletten. Grundsätzlich ist eine Einnahme aber ohne die vorausgehende Empfehlung der Behörden ausdrücklich nicht empfohlen. 

Das Vorgehen Russlands stellt viele Menschen in Österreich vor Fragen, die sie sich zuvor nicht zu träumen gewagt hätten. Eine dieser Fragen betrifft die Versorgung mit Kaliumjodid-Tabletten - die Sorge, für den Ernstfall gerüstet zu sein, steigt bei manchen nun täglich. Wie „Krone“-Leser berichten, half mancherorts bereits am Freitag ein Abklappern mehrerer Apotheken nicht, um noch an Kaliumjodid-Tabletten zu gelangen - „leider ausverkauft“, so die enttäuschende Antwort vieler Apotheken.

Nachschub unterwegs
Auch die Apothekerkammer bestätigt gegenüber krone.at, dass es derzeit Engpässe bei der Kaufware gibt - diese sollten aber schon bald behoben sein, versicherte eine Sprecherin. Ganz generell sei aber darauf hinzuweisen, dass eine Einnahme nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Gesundheitsbehörden erfolgen darf, hieß es weiter.

Derzeit kommt es noch zu Engpässen in den einzelnen Apotheken - Nachschub ist aber schon unterwegs. (Bild: APA/BARBARA GINDL)
Derzeit kommt es noch zu Engpässen in den einzelnen Apotheken - Nachschub ist aber schon unterwegs.

Lagerbestände staatlich gesichert
Das Bundesministerium für Gesundheit beschafft seit über 20 Jahren Kaliumjodid-Tabletten für die Bevölkerung. Derzeit läuft gerade der Austausch der Kaliumjodid-Tabletten in den Apotheken, da die gelagerten Tabletten Ende August 2021 ihr Verfallsdatum erreicht haben, wie das Gesundheitsministerium auf seiner Website erklärt. Der Austausch der Tabletten ist mittlerweile fast abgeschlossen, nur wenige Apotheken fehlen noch.

Kaliumiodid-Tabletten

Kaliumjodid-Tabletten bieten nach einem AKW-Unfall durch zeitgerechte Einnahme einen Schutz vor Einlagerung von radioaktivem Jod in die Schilddrüse - die sogenannte Jodblockade - und vermindern so das Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Die verfügbaren Chargen werden vom Arzneimittelkontrolllabor des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen laufend auf Qualität und Wirksamkeit überprüft.

Die Tabletten bieten jedoch keinen Schutz vor der Aufnahme anderer Radionuklide in den Körper oder gegen die externe Strahlung von radioaktiven Stoffen in der Luft und am Boden. Um bei einem Reaktorunfall die Strahlenbelastung auch aus diesen Pfaden möglichst gering zu halten, werden von den Strahlenschutzbehörden andere Maßnahmen empfohlen oder angeordnet (z.B. Aufenthaltsbeschränkungen im Freien, Vermarktungsverbote für kontaminierte Lebensmittel).

Einnahme nur nach Behördenhinweis
Im Fall einer atomaren Gefahr werden von den Strahlenschutzbehörden sofort die möglichen Auswirkungen auf Österreich abgeschätzt. Insbesondere erfolgt auch eine Abschätzung der für Kinder und Erwachsene erwarteten Schilddrüsendosis. Erst wenn diese Dosen über bestimmten, von der WHO empfohlenen Werten liegen, wird von den Gesundheitsbehörden die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten empfohlen.

Um eine rechtzeitige Einnahme der Tabletten zu ermöglichen, wurde ein Bevorratungskonzept erstellt, das im Wesentlichen aus zwei Schienen besteht:

  • Bevorratung in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, damit bei Durchzug einer radioaktiven Wolke während der Schulzeit die Tabletten rechtzeitig eingenommen werden können.
  • Persönliche Bevorratung zu Hause für Personen unter 40 Jahren, damit die Tabletten jederzeit zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Zielgruppen (unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende) können die Tabletten dafür kostenlos in Apotheken beziehen.

Personen von 18 bis 40 Jahren können Kaliumjodid-Tabletten zu einem geringen Preis in Apotheken erwerben. Personen über 40 Jahre sollten Kaliumjodid-Tabletten nicht mehr einnehmen, da ihr Risiko an strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs zu erkranken sehr gering, das Risiko von schweren Nebenwirkungen durch die Jodzufuhr aber hoch ist.

Einnahme nur in stark betroffenen Gebieten
Die Wirksamkeit der Kaliumjodid-Tabletten ist am größten, wenn die Einnahme kurz vor Eintreffen der radioaktiv kontaminierten Luftmassen erfolgt. Vor allem eine verspätete Einnahme senkt die Wirksamkeit stark ab. Schon einige Stunden nach Durchzug einer radioaktiven Wolke ist eine Einnahme praktisch wirkungslos. Bei einem grenznahen Reaktorunfall und ungünstigen Windverhältnissen können die radioaktiven Luftmassen Österreich innerhalb weniger Stunden erreichen. Es ist daher wichtig, dass für solche Fälle die Tabletten rasch verfügbar sind.

Aller Wahrscheinlichkeit nach besteht aber selbst bei einem schweren atomaren Vorfall in Grenznähe keine Notwendigkeit, in ganz Österreich Kaliumjodid-Tabletten einzunehmen. Eine Einnahme wird auch in solchen Fällen nur in den am stärksten betroffenen Gebieten erforderlich sein.

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