Sechste Angriffsnacht

„Das ist die Ermordung des ukrainischen Volkes“

Ausland
01.03.2022 04:51

Die russische Armee hat in der sechsten Nacht ihres Angriffskrieges die massiven Angriffe gegen die beiden größten ukrainischen Städte Charkiw und Kiew fortgesetzt. In Charkiw wurden nach Angaben von Bürgermeister Ihor Terechow Umspannwerke gesprengt. Auch seien die oberen Stockwerke zweier Hochhäuser zerstört worden. Der Montag habe „gezeigt, dass das nicht einfach Krieg ist. Das ist die Ermordung von uns, dem ukrainischen Volk“, sagte er in einer Videobotschaft. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Vorgänge in Charkiw als Kriegsverbrechen: „Es wird definitiv ein Tribunal für dieses Verbrechen geben. Ein internationales. Das ist ein Verstoß gegen alle Konventionen.“

Terechow berichtete infolge der Sprengungen von Problemen bei der Strom- und Wasserversorgung von Charkiw. Zuvor hatte er von 87 beschädigten Wohngebäuden, neun Toten und 37 Verletzten gesprochen. In der Region Kiew wurden am Montagabend ein Wohnheim und zwei fünfstöckige Wohnhäuser zerstört, berichteten die Behörden. Die Gebäude befanden sich in den Städten Wasylkiw, Bila Zerkwa im Südwesten Kiews sowie in der Siedlung Kalyniwka in Nordwesten der Stadt.

In der südukrainischen Stadt Cherson soll nach Angaben des staatlichen Informationsdiensts der Ukraine ebenfalls ein Angriff begonnen haben. Die strategisch bedeutende Hafenstadt Mariupol im äußersten Südosten des Landes war am Dienstag in der Früh weiterhin unter der Kontrolle der ukrainischen Armee, doch nach einem russischen Luftangriff fast ohne Stromversorgung. Es gebe auch Internet- und Mobilfunkausfälle.

Bei einem Angriff in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine soll es zu großen Verlusten auf beiden Seiten gekommen sein. Das ukrainische Anti-Korruptions-Portal Antikor schrieb in der Nacht auf Dienstag von möglicherweise 70 Toten auf ukrainischer Seite und einer großen Zahl von Opfern auf russischer Seite. Russische Artillerie habe eine Militäreinheit getroffen. Unter den Trümmern würden Leichen geborgen.

Nach Angaben der Agentur UNIAN will die ukrainische Armee in der Region Sumy rund 100 russische Militärfahrzeuge zerstört haben. Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar postete ein Video auf Facebook und schrieb dazu, dass man „ewig zuschauen könne“, wie der ukrainische Widerstand russische Panzer zerstöre. Der Generalstab postete eine Auflistung von Iskander- und Kaliber-Raketen, die auf „friedliche Städte und Dörfer“ abgeschossen worden seien.

Russischer Konvoi soll sogar 64 Kilometer lang sein
Der US-Sender CNN berichtete am Montagabend unter Berufung auf Militärexperten, dass der Sturm auf die Hauptstadt unmittelbar bevorstehen könnte. Allerdings könnte die Armee auch versuchen, einen Belagerungsring um die Stadt zu bilden. Für Besorgnis sorgten auch Erkenntnisse des auf die Analyse von Satellitenbildern spezialisierten US-Unternehmens Maxar, wonach der russische Armeekonvoi im Nordwesten der Stadt mit rund 64 Kilometer mehr als doppelt so lang ist als bisher angenommen.

US-Geheimdienst: „Es wird brutal und hässlich werden“
Der frühere US-Geheimdienstkoordinator James Clapper äußerte die Erwartung, dass die russische Armee insbesondere den Artilleriebeschuss intensivieren werde. „Es wird brutal und hässlich werden“, sagte der am Montagabend Ortszeit CNN. Die ukrainische Parlamentsabgeordnete Kira Rudik sagte, man stelle sich auf eine Belagerung ein. Wichtig sei, die Zufahrtsstraßen nach Kiew offenzuhalten, betonte sie.

Klitschko: Halten stand, „so lange wir am Leben sind“
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sagte auf die Frage, wie lange die Stadt dem russischen Druck standhalten könne: „So lange wir am Leben sind.“ Es gebe nämlich eine unglaubliche Einigkeit in der Bevölkerung, die „nicht zurück in die Sowjetunion“ wolle. „Wir sehen unsere Zukunft als modernes europäisches Land. Das ist unser Ziel“, betonte er.

Indes gibt es neue Berichte, wonach die russischen Aggressoren Unterstützung von der belarussischen Armee bekommen könnten. Das ukrainische Militär berichtete, dass schon belarussische Truppen in Richtung Ukraine unterwegs seien. „Einige Einheiten der kampfbereitesten Formationen der belarussischen Streitkräfte haben begonnen, sich zur Staatsgrenze der Ukraine in Richtung Wolhynien zu bewegen“, schrieb der ukrainische Generalstab am Montag auf Facebook. Wolhynien ist eine Region im Nordwesten der Ukraine.

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