Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat nun auch Auswirkungen auf Anna Netrebko. Die Bayerische Staatsoper annullierte vorerst alle Auftritte der russischen Operndiva, wie Opernintendant Serge Dorny am Dienstag via Twitter bekannt gegeben hat. Der Grund: „Fehlende ausreichende Distanzierung“ zu Russlands Präsident Putin. Engagements in der Mailänder Scala sagte die 50-Jährige zudem selbst ab - wie auch alle weiteren Konzerte der nächsten Monate.
„Aufgrund des schrecklichen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine und einer fehlenden ausreichenden Distanzierung von Valery Gergijev und Anna Netrebko wird die Bayerische Staatsoper die bestehenden Engagements annullieren“, schrieb Dorny am Dienstag auf Twitter. „Der Respekt voreinander und der Dialog miteinander“ sei für die Bayerische Staatsoper „absolut essenziell für ein friedvolles und humanitäres Zusammenleben“.
Netrebko: „Gesund, aber ich komme nicht“
In ihrer Instagram-Story dementierte die Sängerin zudem, dass sie aus Gesundheitsgründen nicht in der Mailänder Scala als Protagonistin der Oper „Adriana Lecouvreur“ auftreten werde. „Gesund, aber ich komme nicht“, schrieb sie dort.
„Es ist nicht richtig, Künstler oder andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu zwingen, ihre politische Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern und ihr Heimatland anzuprangern. Dies sollte eine freie Entscheidung sein. Wie viele meiner Kollegen bin ich kein politischer Mensch. Ich bin kein politischer Experte. Ich bin Künstler und mein Ziel ist es, Menschen über politische Grenzen hinweg zu vereinen“, schrieb die 50-jährige Sopranistin schon vor einigen Tagen in einem Statement, das ebenfalls auf Instagram veröffentlicht wurde.
„Ich bin gegen diesen Krieg. Ich bin Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid in diesem Moment bricht mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg endet und die Menschen in Frieden leben können. Das ist es, was ich hoffe und wofür ich bete“, fügte sie hinzu.
Netrebko sagte alle Konzerte ab
Mittlerweile ging Netrebko sogar noch einen Schritt weiter und sagte alle Konzerte für die kommenden Monate ab. „Nach reiflicher Überlegung habe ich die äußerst schwierige Entscheidung getroffen, mich bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen“, ließ die Wahlösterreicherin über den Veranstalter River Concerts am Dienstag mitteilen.
Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird.
Anna Netrebko
„Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird“, heißt es in dem Statement weiter. Das für den 2. März in der Hamburger Elbphilharmonie geplante Konzert mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov wird auf den 7. September verschoben.
Gergiev-Rausschmiss in Mailand
Der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala, Präsident der Stiftung, welche die Scala verwaltet, hatte am Freitag gemeinsam mit Scala-Intendant Dominique Meyer vom 68-jährigen Maestro Valery Gergiev eine klare Positionierung gegen den Ukrainekrieg gefordert. „Wir haben keine Antwort erhalten. Wir hatten ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig von dem Angriffskrieg zu distanzieren“, sagte Sala am Montag in Mailand.
Nach Verstreichen eines Ultimatums wurde Gergiev das Dirigat von Tschaikowskis „Pique Dame“ entzogen. Noch unklar ist, wer Gergiev für die fünf Konzerte der „Pique Dame“-Serie ersetzen wird.
Gergiev als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker entlassen
Zuvor hatte Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) Gergiev, der auch Chefdirigent der Münchner Philharmoniker ist, wegen dessen Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin mit sofortiger Wirkung entlassen. Es werde damit keine weiteren Konzerte der Münchner Philharmoniker unter seiner Leitung geben, sagte Reiter. Gergiev habe sich zu der Aufforderung, „sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt“, nicht geäußert, erklärte der Oberbürgermeister.
Reiter hatte dem Dirigenten am Freitag ein entsprechendes Ultimatum bis Montagabend gestellt. In der aktuellen Situation wäre „ein klares Signal für das Orchester, sein Publikum, die Öffentlichkeit und die Stadtpolitik unabdingbar gewesen, um weiter zusammenarbeiten zu können“, betonte der Rathauschef.
Unterstützte auch Annexion
Gergiev war seit 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, eines städtischen Orchesters. Die Freundschaft mit dem russischen Machthaber Putin bringt ihn immer wieder in die Kritik. Im Jahr 2014 unterschrieb er einen Künstler-Appell zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland und bekannte sich damit offiziell zur Politik Putins. Auch im Krieg Russlands gegen Georgien 2008 unterstützte er den Staatschef.
Auch andere Kulturinstitutionen wie das Festspielhaus Baden-Baden oder die Elbphilharmonie forderten Gergiev auf, sich von Putin loszusagen. Seine Künstleragentur in München trennte sich von ihm. Die Wiener Philharmoniker hatten vor wenigen Tagen bei einer Konzertserie in der New Yorker Carnegie Hall Gergiev durch einen anderen Dirigenten ersetzt.
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