„Komme, was wolle“

Großangriff droht: Wehrschütz bleibt doch in Kiew

Ausland
01.03.2022 12:36

ORF-Reporter Christian Wehrschütz will weiter direkt aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew berichten. Nachdem die russische Armee mit zwei Brigaden in einer mehr als 60 Kilometer langen Kolonne von Norden her anrückt und der Großangriff auf Kiew offenbar kurz bevorsteht, hätten ihm Mitarbeiter und auch das Bundesheer geraten: „Setz dich ab, solange es noch geht“. Der ORF-Korrespondent und sein Team wollten auch die Stadt Richtung Westen verlassen, beschlossen aber, zurückzukehren.

Er sei „drauf und dran“ gewesen, die Stadt über den offiziellen Korridor zu verlassen, habe aber entschieden, zurückzukehren, weil er weiter berichten wollte, teilte der ORF-Korrespondent mit. „Es war die schwerste Entscheidung meines journalistischen Lebens, aber ich habe sie mit meinem Team und meiner Familie getroffen“, so Wehrschütz gegenüber der „ZiB Spezial“. Seine Mitarbeiter und er wollen weiter aus dem Büro in Kiew berichten. Auch die österreichische Botschaft steht ihnen offen, „aber wir brauchen eine gute Internetverbindung“, sagte der Reporter im Ö1-Radio.

Berichten „solange es noch irgendwie geht“
Man habe nun das Auto volltanken können, Vorräte an Wasser und Benzin angelegt, auch der Gastank im Büro sei voll. „Solange es noch irgendwie geht, werden wir irgendwie berichten“, zeigte sich Wehrschütz überzeugt. Wenn keine Berichterstattung mehr möglich sei, werde man versuchen, sich abzusetzen. „Möge kommen, was da wolle“, erklärte der Reporter.

Zuvor hatte Wehrschütz im Ö1-„Morgenjournal“ gesagt, dass es ein „innerer Zwiespalt“ gewesen sei, die Berichterstattung direkt aus Kiew aufzugeben, man aber nach Westen fahren, in Richtung der Stadt Schytomyr, um dort eine Zwischenstation aufzubauen, wenn möglich.

„Totale Absetzbewegung“
Aus Kiew gebe es nun „die totale Absetzbewegung“, es habe einen humanitären Konvoi nach Westen gegeben, auch Bewohner der österreichischen Botschaft seien dabei aus Kiew herausgebracht worden, so der Reporter. Die Botschaft bleibt aber weiter geöffnet, eine Mitarbeiterin und Sicherheitspersonal ist weiter vor Ort. „Es gibt noch immer Österreicher, die im Raum Kiew festsitzen und nicht wissen, wie sie wegkommen“, erklärt Wehrschütz. Ihnen soll die Botschaft helfen.

Kiew gleicht einer Geisterstadt
In der Nacht sei es noch ruhig gewesen, in der Früh habe es Angriffe in den Außenbezirken und Fliegeralarm gegeben, aber noch keine größeren Detonationen in der Stadt, schilderte der Korrespondent auf Ö1 die Lage. Die Stadt sei wie eine „Geisterstadt“, die Straßen weitgehend leer, viele Geschäfte geschlossen. Es herrsche die Angst vor Großangriffen.

Wann tatsächlich der Großangriff auf Kiew einsetzen wird, ist unklar. Dass Putin mit seiner Invasion weiter fortfährt, scheint aber gewiss: Die Bedingungen des russischen Präsidenten in den Verhandlungen sind für die Ukraine nach wie vor unannehmbar. 

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