Einen schönen Donnerstagabend.
Ich werde heute Abend für Dr. Wolfgang Mückstein eine Kerze anzünden. Ich mache das immer, wenn ein Politiker uns verlässt, und habe damit trotz meiner jungfräulichen Lungen den Feuerzeugverschleiß eines Kettenrauchers. Ich mache das, weil viele von ihnen am Ende ja auch nur verlorene Seelen sind. Die Zeit nach der Politik ist für die meisten eher durchwachsen: Sie werden festgenommen, angeklagt, bekommen Fußfesseln, müssen um Spenden betteln oder werden sogar „Krone“-Kolumnist. Gesundheitsminister Mückstein, Österreichs rhetorischer Oberanästhesist, war für mich in dieser Position immer eine Fehlbesetzung, und oft frage ich mich, was Personen zu solchen Kamikaze-Aktionen treibt. Wenn jemand zu mir kommt und sagt: „Herr Pommer, wollen Sie die Neurochirurgie im Wiener AKH leiten?“, dann kann man auf zwei Arten antworten. A) „Ja, toll, gerne, das menschliche Gehirn verspürt keinen Schmerz, was kann da schon schiefgehen?“ oder B) „NEIN!“. Das zumeist männliche Ego kennt diese Schranke nicht. Glauben Sie mir, weil ich mich hier zwischen den Zeilen eigentlich nur für die Neurochirurgie bewerben möchte (beim Schädeldeckenaufbohren brauche ich allerdings Hilfe, ich bin handwerklich nicht sonderlich begabt).
Jung, fesch, cool war die Devise für den Anschober-Nachfolger, daraus wurden altfadrisch, peinlich, nervös. Bei Mückstein klang jede Rede wie eine Rücktrittsrede, legendär seine Auftritte in der „ZIB 2“, in der er als Phrasen-Terminator nur zu roboterhaften Antworten fähig war. Bei jedem „Paradigmenwechsel in der Pandemie“ und „in aller Vorsicht öffnen“ einen Schnaps trinken, und Sie bekommen ein eklatantes gesundheitliches Problem - sollte es neurologisch werden, operiere ich Sie gerne gratis. Zuletzt kam es zum außergewöhnlichen Duell Mückstein gegen Mückstein, weil sich der Gesundheitsminister in der Impfpflichtfrage mit kurzer Zeitverzögerung selbst dementierte. Mückstein war damit der einzige Politiker, den man problemlos alleine zur ORF-Sendung „Im Zentrum“ einladen konnte, und trotzdem schaute eine lebhafte Diskussion dabei heraus.
Gehe ich zu hart mit Mückstein ins Gericht? Womöglich. Die Kritik gilt auch Vizekanzler Werner Kogler, der den Hausarzt über Nacht zum wichtigsten Pandemiemanager des Landes beförderte. Der Gedanke dahinter: Seuche eh bald vorbei. Kurz darauf plakatierte die ÖVP: „Pandemie gemeistert“. Das bisschen Covid-Masseverwalten bekommt der Doktor schon hin. Fehlentscheidung, das Experiment flog uns um die Ohren. Kogler wird eine Erklärung dafür haben. Nur verstehen werden wir sie leider nicht.
Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.
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