Sorge in Moldau

„Haben Angst, denn wir werden die nächsten sein“

Vorarlberg
04.03.2022 07:55

Rankweils Altbürgermeister Hans Kohler ist seit Jahren im Nachbarland der Ukraine, der Republik Moldau, ehrenamtlich engagiert. Tatkräftig unterstützt er den Aufbau einer freiwilligen Feuerwehr. Zudem steht er im regen Austausch mit dem Gemeindeverbandschef.

Trotz Krimbesetzung oder dem Kaukasuskrieg, in dem sich die Russen 2008 Teile Georgiens (Südossetien und Abchasien) einverleibten, überraschte Hans Kohler der Angriff auf die Ukraine. „Es konnte sich niemand vorstellen, dass jemand aus dem Stand heraus in ein anderes Land einfällt. Das hat es in Europa seit Hitler nicht mehr gegeben!“

Rankweils Altbürgermeister Hans Kohler mit Irene Rohringer bei einem Besuch in Chisinau (Moldawien). (Bild: sos)
Rankweils Altbürgermeister Hans Kohler mit Irene Rohringer bei einem Besuch in Chisinau (Moldawien).

Entsprechend groß seien die Sorgen bei seinen Freuden und Bekannten in Moldawien, jenem kleinen Land zwischen der Ukraine und Rumänien, das als das Armenhaus Europas gilt. „Der dortige Gemeindeverbandspräsident hat zu mir gesagt: Wir haben Angst, denn wir werden die nächsten sein“, berichtet der Osteuropa-Experte von seinem jüngsten Telefonat. Die Sorge der Moldawier scheint nicht ganz unbegründet. „Ich gehe davon aus, dass Putin den Ring um die Ukraine schließen will und einen Lückenschluss mit Transnistrien (siehe Factbox) anstrebt, denn sonst mach der Angriff auf Odessa wenig Sinn.“

Hamsterkäufe haben begonnen
Neben dem Gemeindeverbandspräsidenten und einigen Bürgermeistern steht Kohler auch mit Irene Rohringer in Kontakt. Die Österreicherin arbeitet in der Republik Moldau für das Sozialprojekt „Concordia“ sowie bei der kleinen NGO „Fundatia Optima Fide“. „Sie berichtet, dass in Moldawien bereits erste Hamsterkäufe begonnen haben, während bisher rund 90.000 Flüchtlinge ins kleine Land geströmt sind“, erzählt Kohler.

Anders als in Polen oder Rumänien, die beide zur EU gehören, würden keine internationalen Hilfsorganisationen an der Grenze zur Ukraine stehen. „In Moldawien steht Concordia am Grenzübergang Palanca, an dem pro Stunde zwischen 600 und 700 Menschen ankommen.“

Fakten

Transnistrien ist ein von den Russen finanziertes Gebiet an der Grenze zur Ukraine. Das De-facto-Regime mit der Hauptstadt Tiraspol wurde 1990 gegründet und agiert unabhängig von der Republik Moldau, zu der Transnistrien völkerrechtlich betrachtet zählt. Das rund 3500 Quadratkilometer umfassende Gebiet mit knapp 500.000 Einwohnern verfügt über eine eigene Regierung, Währung und Verwaltung. Rund 1500 russische Streitkräfte sind dort stationiert.

„Es fehlt am Nötigsten“
Dort gebe es keine Möglichkeiten, Unterkünfte einzurichten. Die Flüchtlinge müssten zunächst ins Landesinnere geführt und dort in Schulen oder ähnlichen Gebäuden untergebracht werden. „Dort fehlt es natürlich am Nötigsten. Es gibt nicht einmal Feldbetten oder Decken.“

Ein Umstand, der Kohler umgehend zum Telefonhörer greifen ließ, um einen gut koordinierten und ganz gezielte Hilfstransport zu planen. Land und Feuerwehr haben bereits Fahrzeuge zur Verfügung gestellt. Am Sonntag wird im Vorfeld der Friedensdemo vor dem Bregenzer Festspielhaus alles rund ums Thema „Schlafen“ (Betten, Matratzen, Decken) gesammelt.

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