Größte Anlage Europas
Nach Beschüssen: Russen nehmen Atomkraftwerk ein
Nach schweren nächtlichen Beschüssen des größten Atomkraftwerks Europas im ukrainischen Saporischschja haben russische Truppen nun die Kontrolle über die Anlage übernommen. Dies bestätigten ukrainische Behörden am Freitag. Während der Bürgermeister der Region von einer „extrem angespannten“ Situation sprach, hieß es, dass derzeit keine Gefahr von dem Kraftwerk ausgehe.
Sowohl die Kraftwerksleitung als auch die Behörden berichteten von einem Feuer in einem Schulungsgebäude vor Ort. In den Morgenstunden konnten der ukrainische Katastrophenschutz und das Innenministerium jedoch bereits mitteilen, dass der Brand gelöscht sei. Es habe bei dem Vorfall keine Toten oder Verletzten gegeben, teilte das ukrainische Innenministerium Freitagfrüh auf Twitter mit. Gebrannt habe ein Trainingskomplex.
Nach Angaben einer regionalen Behörde haben die russischen Truppen inzwischen auch die Kontrolle über das Kraftwerk übernommen. Das Betriebspersonal überwache den Zustand der Kraftwerksblöcke, teilte die Behörde in sozialen Medien mit. Man wolle sicherstellen, dass der Betrieb in Europas größtem AKW weiterhin den Sicherheitsanforderungen entspreche.
Suche nach etwaigen Schäden
Der Bürgermeister des in der Nähe liegenden Ortes Enerhodar bezeichnete die Lage allerdings als nach wie vor „extrem angespannt“. „Wir empfehlen, zu Hause zu bleiben“, schrieb Dmytro Orlow Freitagfrüh in der Messenger-App Telegram. Auf den Straßen sei es aber ruhig, es seien keine Ortsfremden da. Damit meinte er offenbar russische Truppen. „In der Nacht blieb Enerhodar während des Beschusses wegen Schäden an einer Leitung ohne Heizung.“ Nun werde nach Wegen gesucht, den Schaden zu beheben, schrieb er weiter. In der Früh habe es zunächst keinen Beschuss mehr gegeben.
Es seien bislang jedenfalls keine Veränderungen registriert worden, teilte die zuständige Aufsichtsbehörde Freitagfrüh auf Facebook mit. „Für die Sicherheit von Kernkraftwerken wichtige Systeme sind funktionsfähig.“ In dem AKW sei aktuell nur der vierte Block in Betrieb. In einem Block liefen geplante Reparaturarbeiten, andere seien vom Netz genommen, hieß es.
Getroffene Kraftwerke „ernste Gefahr“
Auch die in Wien ansässige Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) erklärte, nach Angaben der ukrainischen Nuklearaufsicht sei in der Umgebung des Kraftwerks keine erhöhte Radioaktivität gemessen worden. Wesentliche Ausrüstung sei verschont geblieben. Die Behörde forderte ein Ende jeglicher Kampfhandlungen rund um das Atomkraftwerk und warnte vor „ernster Gefahr“, sollten Reaktoren getroffen werden. IAEA-Chef Rafael Grossi habe darüber mit dem ukrainischen Premier Denis Schmyhal gesprochen. Grossi habe appelliert, die Kämpfe einzustellen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland „Nuklear-Terror“ vor. Kein anderes Land der Welt habe jemals Atomanlagen beschossen, sagte Selenskyj in einer in der Nacht auf Freitag veröffentlichten Videobotschaft. „Der Terroristen-Staat verlegt sich jetzt auf Nuklear-Terror.“ Offenbar wolle Russland die Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 „wiederholen“.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.