Die jüngsten Protestaktionen der Spitalsmitarbeiter sind von der Polizei auf Hinterhöfe und Parkplätze verbannt worden. Unter der Belegschaft wird vermutet, dass bei den Ordnungshütern womöglich interveniert wurde, um die Proteste zu verhindern.
Es ist Mittwochvormittag vergangener Woche - ein Tag vor den Protestaktionen vor allen Vorarlberger Spitälern. Gewerkschaft und Betriebsräte hatten seit einer Woche Flyer verteilt und die Spitalsmitarbeiter mobilisiert, um ein Zeichen gegen den akuten Personalmangel zu setzen. Der Zentralbetriebsrat der LKH, Thomas Steurer, erhält mitten in den letzten Vorbereitungen einen Anruf aus der Landespolizeidirektion.
„Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Aktionen hätten angemeldet werden müssen und uns und den Teilnehmern Strafen von mehreren hundert Euro drohen“, berichtet Steurer. Die Telefone liefen daraufhin heiß. „Wir haben uns auch rechtlichen Rat geholt.“ Das Ergebnis: Wenn die Protestaktionen auf einer nicht öffentlich zugänglichen Fläche abgehalten werden, können sie stattfinden. Somit versammelten sich die Teilnehmer auf Hinterhöfen und Personalparkplätzen
Obwohl wir immer betont haben, dass es die Politik ist, die endlich auf die Lippenbekenntnisse Taten folgen lassen muss, hat sich die Geschäftsführung bemüßigt gefühlt, sich einzuschalten.
Thomas Steurer, Zentralbetriebsrat der Vorarlberger Landeskrankenhäuser
Wer hat bei der Polizei angerufen?
Nachgefragt bei der Polizei, ob es eine Meldung dazu gab, erhielt Steurer die Auskunft: „Der Beamte habe einen Vorbericht in der Zeitung gelesen und sich deshalb gemeldet.“ Besagter Artikel erschien jedoch bereits am Dienstag. Da wäre noch Zeit geblieben, die Proteste innerhalb der vorgeschriebenen 48 Stunden anzumelden. Unter der Belegschaft machte schnell die Vermutung die Runde, dass die Krankenhausbetriebsgesellschaft dahinterstecken könnte. Direktor Gerald Fleisch weist auf Nachfrage der „Vorarlberg Krone“ dieses Gerücht vehement zurück: „Das kann ich ausschließen. Das ist nicht unser Stil.“ Er macht jedoch keinen Hehl daraus, dass er mit den Protesten nicht glücklich ist.
„Meiner Meinung nach schadet das der Sache mehr als es nutzt. Wir sollten den Pflegeberuf nicht schlechtreden, das entspricht einfach nicht der Realität: Die Vorarlberger Spitäler liegen im Bereich der Gehälter österreichweit im oberen Drittel. Die Rahmenbedingungen sind gut, der Beruf ermöglicht zeitliche Flexibilität und ist gut mit der Familie zu vereinbaren.“ Dass regelmäßig 350 bis 400 Pflegekräfte für bessere Arbeitsbedingungen protestieren, will Fleisch nicht überbewerten: „Bei den Protesten macht ja nur ein verschwindend kleiner Teil mit. Die Demos sind zudem von der Gewerkschaft geschürt, meiner Meinung nach ist das ein Trittbrettfahrerthema.“ Auf Seiten der Protestler wird indes darauf verwiesen, dass die Teilnehmerzahl weit höher gewesen wäre, hätte man nicht auf den laufenden Krankenhausbetrieb Rücksicht genommen.
Meiner Meinung nach schaden die Proteste der der Sache mehr als sie nutzen. Wir sollten den Pflegeberuf nicht schlechtreden, das entspricht einfach nicht der Realität.
Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Landeskrankenhäuser
Bereits im Vorfeld Druck ausgeübt?
Die Stimmung ist jedenfalls angespannt. So berichtet Steurer etwa von einem Telefonat im Vorfeld der Proteste, in welchem Fleisch versucht habe, Druck auszuüben, um eine Absage zu erreichen. Fleisch selbst beschwichtigt - er stehe mit Steuer in einem regelmäßigen Austausch, man kenne sich seit vielen Jahren, zudem schätze er den Zentralbetriebsrat sehr: „Und dass wir aufgrund unserer unterschiedlichen Funktionen mitunter unterschiedliche Ansichten haben, liegt doch in der Natur der Sache.“
Steurer seinerseits stört vor allem eines: „Obwohl wir immer betont haben, dass es die Politik ist, die endlich auf die Lippenbekenntnisse auch Taten folgen lassen muss, hat sich die Geschäftsführung bemüßigt gefühlt, sich einzuschalten und zu versuchen, die Proteste zu verhindern. Wir lassen uns aber nicht in unsere Aufgaben als Gewerkschaft und Betriebsräte dreinreden. Es ist unsere ureigene Aufgabe, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen - und wenn nicht anders möglich, dann eben auch in Form von Protestkundgebungen.“
Inhaltlich gibt es keine großen Gräben
Dabei liegen Betriebsrat und Geschäftsleitung inhaltlich gar nicht so weit auseinander. Zwar legt Fleisch Wert darauf, dass von einem Personalnotstand keine Rede sein könne, betont zugleich aber auch die Notwendigkeit von Reformen: „Gerade in Sachen Ausbildung werden wir uns sehr breit aufstellen müssen, um fit für die Zukunft zu sein.“ Zu der von der Landes-ÖVP propagierten Pflegelehre hat er, ähnlich wie die Personalvertreter, eine sehr differenzierte Meinung: „So begrüßenswert es grundsätzlich ist, junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern, so behutsam muss man sein - etwa in Bezug auf die Frage, ob man 15-Jährige tatsächlich schon mit dem zum Teil sehr großen Leid in den Krankenhäusern konfrontieren will.“
Weiters gelte es zu bedenken, dass die Krankenhäuser als Ausbildungsbetriebe keinesfalls über Gebühr strapaziert werden dürfen - „die Versorgung der Patienten darf nicht leiden.“ Einer finanziellen Abgeltung bereits während der Ausbildungszeit, so wie von der Gewerkschaft gefordert, steht er ebenfalls nicht ablehnend gegenüber: „Darüber kann man sicher reden.“U nd so ist auch Steurer zuversichtlich, dass man bald wieder zu einer „zielorientierten und sozialpartnerschaftlichen Gesprächsebene“ zurückfindet. Und ein bisschen Reibung gehört ja schließlich auch dazu.
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