Die russische Regierung bereitet sich offenbar auf eine mögliche Abkopplung vom globalen Internet vor. Das legt eine Anordnung des Ministeriums für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien nahe: Darin werden Betreiber staatlicher Internetangebote aufgefordert, ihre Dienste auf russische Infrastruktur zu übersiedeln und der Regierung umfangreiche Informationen über ihre Angebote zu liefern.
Das berichtet das Osteuropa-Nachrichtenportal „Nexta“ in Warschau unter Berufung auf ein Dokument, das aus dem Ministerium stammen soll. Darin fordert man Anbieter von Internetdiensten auf, ihre Informationen und Zugänge bei Betreibern von DNS-Servern zu prüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Sie sind angehalten, auf russische DNS-Server zu wechseln und Javascript-Code zu entfernen, der auf ausländische Server verweist.
Webmaster, die ihre Angebote auf ausländischen Servern hosten, müssen laut Anordnung auf russische Server umziehen. Russische Angebote, die bei ihren Internetadressen eine andere Länderkennung nutzen, werden aufgefordert, auf eine .ru-Domain zu wechseln. Dafür bleibt bis 11. März Zeit.
Betreiber müssen alles offenlegen: Zensurgefahr
Außerdem wurden die Betreiber aufgefordert, dem Ministerium eine Liste all ihrer öffentlichen Ressourcen zu übermitteln - inklusive Details, wo genau diese gehostet sind, also beim Anbieter selbst, auf einem angemieteten Server im In- oder Ausland, oder bei einem Cloud-Dienstleister.
Befolgen die Webmaster die Anweisungen aus dem Kreml, hätte dieser viele Zensurmöglichkeiten, analysiert das IT-Portal Golem.de. Ein Umzug auf russische DNS- und Webhosting-Server würde den Behörden weitreichenden Zugriff darauf gewähren und in weiterer Folge noch strengere staatliche Kontrolle ermöglichen.
Ukraine erbat Rauswurf Russlands aus dem WWW
Die Anordnung aus dem Kreml erging wenige Tage, nachdem die Ukraine von der Internet-Verwaltung ICANN und dem IP-Adressverwalter RIPE den Rauswurf Russlands aus dem Internet gefordert hatte. ICANN und RIPE erteilten dem eine Absage und verwiesen darauf, dass Kommunikationsmittel nicht von internationalen Konflikten betroffen sein sollten. Mit Cogent Communications hat jedoch ein wichtiger Backbone-Betreiber damit begonnen, Verbindungen zu russischen Unternehmen zu kappen.
Das Szenario einer Abkopplung vom globalen Internet hat man in Russland als Frage der „nationalen Sicherheit“ bereits 2019 durchgespielt: Es wurden Gesetze geändert und Infrastruktur angepasst, um bei Bedarf eine Art „Staatsinternet“ einrichten zu können.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.