Um Österreichs immerwährende Neutralität ist nach der Kritik Moskaus an der „scheinbar neutralen Haltung“ der Regierung eine hitzige Debatte entbrannt. Ist unsere Neutralität nur noch ein Mythos?
ÖVP-Urgestein Andreas Khol preschte mit dem Vorschlag eines NATO-Beitritts vor, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mahnt eine „engagierte“ Neutralität ein. Der Kanzler sagt, wir bleiben im Ukraine-Krieg militärisch neutral, Diskussion beendet. Zumindest Letzteres dürfte sich als frommer Wunsch erweisen.
Was wohl Russlandkenner Hugo Portisch zu all dem sagen würde? Als er 2015 seine Biografie vorstellte, die bis heute auch eine Biografie der Zweiten Republik und der globalen Zeitgeschichte ist, haben wir ein langes Interview geführt. Portisch sagte damals, dass die Neutralität für sich genommen nie ein wertvolles Gut gewesen sei, weil sie uns im Kriegsfall nicht eine Sekunde geschützt hätte. „Aber sie war identitätsstiftend.“
Portisch erklärte das so: In der Ersten Republik hätten sich ja alle als Deutsche gefühlt, da habe es kein österreichisches Selbstverständnis gegeben. Danach folgte der Zweite Weltkrieg. Heute käme es keinem Österreicher mehr in den Sinn, sich als Deutscher zu bezeichnen. Einer der Gründe dafür sei: Wir sind neutral.
Einheit gegen Neutralität. Das Ende der Besatzung. Das war am 12. April 1955 das Tauschgeschäft mit den Russen. Ohne diese Neutralität wäre Österreich nicht möglich gewesen.
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