Nach Putins Einmarsch in der Ukraine ziehen sich immer mehr westliche IT-Firmen vom russischen Markt zurück, darunter auch Schwergewichte wie Microsoft. Für PC-Nutzer und Firmen kann das problematisch werden, immerhin zählt etwa Microsoft Office auch in Russland vielerorts zur IT-Grundausstattung. Um die Auswirkungen abzufedern, denkt man im Kreml nun offenbar über eine ungewöhnliche Maßnahme nach: die Entkriminalisierung illegaler Schwarzkopien.
Der Zugang zu IT-Angeboten ist in Russland nach dem Abgang westlicher IT-Konzerne eingeschränkt. Russen können nicht Netflix schauen, „Call of Duty“ oder „Cyberpunk 2077“ spielen, und auch Microsoft-Tools wie Office stehen ihnen nicht zur Verfügung. Netflix, Activision-Blizzard, CD Projekt Red und Microsoft haben sich allesamt vom russischen Markt zurückgezogen.
Laut Golem.de scheint der Kreml nun ungewöhnliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen: In einem Planungsdokument über „vorrangige Maßnahmen zur Gewährleistung der Entwicklung der russischen Wirtschaft angesichts des Drucks externer Sanktionen“ wird demnach die Entkriminalisierung von Softwarepiraterie vorgeschlagen.
Abgeordneter fordert Freigabe von Torrent-Seite
Angedacht sei laut dem vom Filesharing-Newsportal „TorrentFreak“ veröffentlichten Dokument die „Abschaffung der Haftung für die Verwendung von nicht in der russischen Föderation lizenzierter Software aus Ländern, die Sanktionen unterstützt haben“. Dabei dürfte es vor allem darum gehen, die Auswirkungen auf die Wirtschaft abzufedern und russischen Unternehmen zu erlauben, weiter ihrer Arbeit nachzugehen.
Von offizieller Seite werden Pläne zur Entkriminalisierung von Schwarzkopien dementiert, das Thema war laut Angaben der russischen Zeitung „Gazeta“ aber Thema in der Staatsduma. Dort habe ein Abgeordneter vorgeschlagen, die Sperre einer populären Torrent-Website aufzuheben, um den Russen den Zugang zu schwarzkopierter Software zu erleichtern.
Hacker, Sperren, Boykott: Moskau ist digital isoliert
Russland steht wegen Putins Krieg in der Ukraine digital unter Druck: Seit Beginn werden sowohl in der Ukraine als auch in Russland Hackerangriffe verzeichnet, auch bisher unbekannter Schadcode wurde entdeckt. Das Anonymous-Kollektiv hat dem Kreml offiziell den Krieg erklärt. Westliche Regierungen haben den Zugang zu staatlich-russischen TV-Kanälen gesperrt, große IT-Konzerne ziehen sich vom russischen Markt zurück.
Zuletzt bat die ukrainische Regierung um den Rauswurf Russlands aus dem Internet. Von der Internetverwaltung ICANN und der IP-Vergabestelle RIPE gab es eine Abfuhr, weil nach deren Verständnis Kommunikationsmittel nicht von internationalen Konflikten betroffen sein sollten. Ein großer Backbone-Provider hat hingegen tatsächlich damit begonnen, den Zugriff auf russische Angebote einzuschränken. In Moskau hat man die Abkopplung vom globalen Internet durchgespielt und Vorkehrungen für dieses Szenario getroffen.
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