Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Olga Nechyporchuk ist der Sonnenschein in kalten Zeiten. Die Ukrainerin versucht, den Tausenden Flüchtlingen in Lemberg mit Musik zu helfen.
Sie ist der Engel am Bahnhof der Verzweifelten im Lemberg. Dort, wo tagein, tagaus Tausende Flüchtlinge in klirrender Kälte ausharren, sitzt Olga Nechyporchuk auf einer mitgenommenen Plastiksteige und spielt Klavier. Ein ostblockgrauer Himmel hängt über der Stadt, doch sie ist der Sonnenschein in düsteren Zeiten. „Ich spiele hier, um den Flüchtlingen Freude zu bereiten, ihnen Kraft zu schenken“, sagt die gebürtige Lembergerin. „Ich habe einen Sohn, wir haben beschlossen, nicht wegzugehen. Wir bleiben in unserer Heimatstadt, bis alles vorbei ist.“
Der Friedensengel am Klavier ist mittlerweile ein Star in den sozialen Netzwerken - rund drei Millionen Mal wurden die Videos schon angeklickt. „Das ist schön, aber nicht wichtig. Ich bin keine Profi-Musikerin, arbeite als Tutorin, Musik ist nur meine Leidenschaft“, erzählt Olga und haut wieder in die Tasten. „Das Klavier steht schon lange vor dem Bahnhof. Wem es gehört, weiß niemand.“ Drei Stunden spielt sie täglich, dann löst sie ein Freund ab. Eine Frau lauscht mit ihren beiden Enkeln andächtig der Musik und wischt sich immer wieder Tränen aus den Augen.
„Sie singt ukrainische Volkslieder, die berühren mein Herz und tun weh“, sagt Svetlana, die aus Hostomel in den Westen geflüchtet ist. „Wir mussten gehen, unser Haus wurde aus der Luft bombardiert“, schluchzt Svetlana, die jetzt mit den Enkeln nach Polen will. „Mein älterer Sohn hat uns bisher begleitet, jetzt geht er nach Kiew und wird dort mit meinem Mann kämpfen.“
Viele Flüchtlingen eilen in ihrer Not vorbei, manche aber bleiben stehen und halten inne, wünschen sich ein Lied oder applaudieren. Olga: „Ich kann die globale Situation nicht ändern, aber die hier vielleicht ein bisschen erleichtern. Ich hoffe, dass die Kämpfe schnell zu Ende gehen. Wir sind ein starkes Volk, wir werden überleben und gewinnen!“
Burghard Enzinger und Sepp Pail, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.