Ein Sonderausschuss des EU-Parlaments befasst sich seit zwei Jahren mit dem Kampf gegen organisierte Desinformation, gezielte Destabilisierung westlicher Demokratien und Einflussnahme aus dem Ausland. Auf dessen „schwarzer Liste“ von Personen befindet sich auch eine prominente und einst äußerst einflussreiche Österreicherin: Karin Kneissl. Die ehemalige Außenministerin soll neben dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder und dem französischen Ex-Premier Francois Fillon als schlechtes Beispiel angeführt sein.
Die Ex-Politikerin, die seit vergangenem Jahr Aufsichtsrätin des russischen Erdölkonzerns Rosneft ist, sieht sich eigentlich selbst als Verfolgte. Ein Interview mit dem Sender RTL sorgte kürzlich für Furore, in dem sie sich selbst als „politischen Flüchtling“ bezeichnete. Sie habe Österreich aufgrund von Anfeindungen verlassen müssen. „Mein Leben ist bereits vernichtet“, erklärte Kneissl - ihr fürstliches Gehalt von kolportierten 400.000 Euro im Jahr dürfte sie über das „De-facto-Arbeitsverbot“, über das sie sich in dem Interview beschwerte, allerdings etwas hinwegtrösten.
Die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin empfindet jedoch auch die EU problematisch. Ein Sonderausschuss listete nun schlechte Beispiele von Ex-Politikern auf, die von „ausländischen, autoritären, staatlich kontrollierten nationalen oder privaten Unternehmen im Austausch für ihr Wissen und auf Kosten der Interessen der Bürger der EU und ihrer Mitgliedsstaaten eingestellt oder kooptiert werden“. Auf dieser Liste ist auch die ehemalige Außenministerin angeführt, wie die „Kleine Zeitung“ berichtete.
Auch Schröder behält Aufsichtsratsposten
Rund ein Dutzend andere hochrangige europäische Politiker und Beamte sollen sich auf dieser Liste befinden. Auch Deutschlands Altkanzler Schröder geriet - wenig überraschend - ins Visier des Ausschusses. Er weigert sich nach der russischen Invasion in der Ukraine ebenfalls vehement, seine Führungspositionen beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2 niederzulegen.
Ex-Premier: „Habe mich geirrt“
Der ehemalige französische Premierminister Fillon, der ebenfalls auf der „schwarzen Liste“ gelandet ist, legte seine Ämter im Aufsichtsrat des russischen Erdöl- und Energieunternehmens Zarubezhneft und des Petrochemiekonzerns Sibur nieder. Er zeigte sich geläutert: „Ich habe mich geirrt“, begründete Fillon seine Entscheidung und bezeichnete den Angriffskrieg Putins als „historischen Fehler“. Seine Einsicht kam offenbar zu spät - auch er soll laut Medienberichten als schlechtes Beispiel der EU dienen.
Auch China am Pranger
Aber nicht nur Russland wird die Verbreitung von gezielter Desinformation - wie aktuell beim Vorgehen in der Ukraine - vorgeworfen. Auch China betreibe solche Kampagnen, diese seien „viel diffiziler und sehr systematisch“, erklärte die grüne Europaabgeordnete Viola von Cramon, die Mitglied in dem Ausschuss ist. Fake News werden vor allem über soziale Medien verbreitet. Um dagegen vorzugehen, hat der Ausschuss einen Forderungskatalog mit Empfehlungen erarbeitet, der am Mittwoch in Straßburg verabschiedet werden soll.
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