„Krone“-Interview
Ukrainische Politikerin: „Ich glaube an den Sieg!“
Die Ukrainerin Yelyzaveta Lisa Yasko ist Parlamentsmitglied in Präsident Wolodymyr Selenskyjs Partei „Sluha narodu“. Sie glaubt an den Sieg der Ukraine und nennt Putin verrückt ...
„Krone“: Wie haben Sie den Kriegsausbruch erlebt?
Yelyzaveta Lisa Yasko: Als das alles begann, war ich in Kiew, und zuerst wollte ich die Stadt nicht verlassen. Ich dachte, wenn nur die militärischen Ziele bombardiert werden, bin ich mehr oder weniger sicher. Kiew ist aber eines der Hauptziele der russischen Armee. Es gibt schwere Kämpfe mit Raketen, Scharfschützen und Bomben. Deshalb habe ich die Stadt verlassen, auch meine Mutter konnte ich mitnehmen. Ich war drei Tage unterwegs, bevor ich eine Unterkunft in der Westukraine gefunden habe.
Was wird im Kriegsgebiet gerade besonders gebraucht?
Derzeit mangelt es an allem! Zu Beginn gab es keinen Sprit, auch Lebensmittel und Medikamente sind kaum verfügbar. Die Versorgungslage ist sehr, sehr schlecht. Der Westen spendet viel, aber es dauert zu lange, bis die Waren bei uns ankommen - oder sie kommen gar nicht an, weil Städte eingekesselt sind.
Yelyzaveta Lisa Yasko
ist Parlamentsabgeordnete in Präsident Wolodymyr Selenskyjs Partei „Sluha narodu“ und Vertreterin der Ukraine in der Europäischen Kommission. Die 31-Jährige studierte an den Universitäten Kiew, Moskau und Oxford.
Sie sind gerade am Weg zur Europäischen Kommission in Straßburg, werden Sie danach in die Ukraine zurückkehren?
Diese Frage macht mich verrückt, alle fragen das. Warum sollte ich nicht zurückkehren? Natürlich will ich wieder nach Hause. Ich sollte vermutlich nicht mehr zurück nach Kiew, aber auf jeden Fall in die Ukraine.
Es gibt Gerüchte einer Exil-Regierung, wird Präsident Wolodymyr Selenskyj das Land vergessen?
Diese Gerüchte machen uns wütend. Wir werden die Ukraine bestimmt nicht verlassen. Präsident Selenskyj bleibt bis zum Sieg in Kiew, egal ob es sicher ist oder nicht. Ich bin kein Fan davon, dass jeder in Kiew bleibt - aber zumindest in der Ukraine. Manche Parlamentsabgeordnete sind jetzt Soldaten, andere leisten humanitäre Hilfe. Erst am Dienstag hatten wir ein Zoom-Meeting, an dem ein Kollege nicht teilnehmen konnte, weil er mitten in der Sumy-Evakuierung war.
Zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Weil Männer das Land nicht verlassen dürfen, werden Familien zerrissen, Kinder müssen sich alleine auf den Weg machen. Wie rechtfertigen Sie das?
Wir haben das Kriegsrecht ausgerufen, das heißt, alle Männer werden für den Kampf mobilisiert. Sie haben auch die Möglichkeit, sich für das Territorialheer zu melden, und müssen dann nicht gegen Raketen kämpfen. Wir haben keine Probleme mit der Motivation. Jene, die das nicht wollten, sind ja schon zu Kriegsbeginn geflüchtet. Und viele von ihnen kommen jetzt zum Kämpfen zurück! Ich wünschte, wir hätten Wahlfreiheit, aber wir sind im Krieg.
Sie fordern eine No Fly Zone. Was muss der Westen jetzt noch tun?
Die meisten Angriffe kommen aus der Luft. Wenn wir den Himmel sperren würden, könnten wir Leben retten. Es ist sehr schmerzhaft zu sehen, wie Bomben aus der Luft auf Krankenhäuser und Waisenhäuser abgeworfen werden. Es gibt ja bereits wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, aber sie werden Putin nicht stoppen. Wir brauchen mehr ökonomischen Druck und militärische Unterstützung. Für die Flüchtlinge muss Europa Möglichkeiten zur Ausbildung und Arbeit schaffen. Das passiert jetzt schon, dafür bin ich sehr dankbar. Was auch wichtig ist, ist psychologische und medizinische Betreuung!
Wird es Gespräche zwischen Selenskyj und Putin geben?
Putin wird nicht darauf einsteigen. Er ist verrückt, er will die Sowjetunion zurückbringen und verschwendet Unmengen an Geld, um Ukrainer zu töten. Wie soll ein Deal aussehen? Putin ist noch nicht bereit, ernsthaft zu diskutieren. Und wir verzichten bestimmt nicht. Das ist, als würde ein Körperteil amputiert und dann sagt man „Ja, das war freiwillig“.
Ihr Wunsch für die Zukunft?
Putin kann nicht mehr lange durchhalten. Wir Ukrainer sind sehr stark! Alle dachten, dass wir nach zwei Kriegstagen aufgeben, aber es passiert gerade das genaue Gegenteil. In unserer Geschichte gab es immer wieder Situationen, in denen wir um unser Land kämpfen mussten. Ich will nur, dass das bald aufhört und wir in Frieden leben können.
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