Die achtjährige Lara aus Niederöstereich ist eines von 800 Kindern hierzulande, die von Neurofibromatose, einer seltenen genetischen Veranlagung zur Tumorentstehung, betroffen sind. Ihre Mutter berichtet, was die Erkrankung der Tochter für die Familie bedeutet und wie sie diese schwierige Situation meistern.
Neurofibromatose (NF), auch bekannt als Morbus Recklinghausen, bezeichnet drei genetisch bedingte Tumorerkrankungen. Bei NF Typ 1 und Typ 2 sowie Schwannomatose liegt jeweils ein anderes defektes Gen zugrunde, und die Symptome unterscheiden sich teils stark. Eine Gemeinsamkeit haben sie: die Ausbildung von Tumoren vor allem an Haut und Nervengewebe (Neurofibrome). Die Krankheit mit ihrem unvorhersehbaren, komplexen Verlauf ist derzeit unheilbar. Erste Warnsignale im Kindesalter können Pigmentierungsstörungen der Haut, sogenannte „Café-au-Lait“ (Milchkaffee)-Flecken, sein.
Neben meist gutartigen Tumoren im Nervensystem sowie Veränderungen der Knochen kommen mitunter Beschwerden hinzu, die jedes Organsystem betreffen können. Die Vielfalt ist einer der Gründe, warum Ärzte die seltene Krankheit oft nicht erkennen. Hierzulande weisen ungefähr 4000 Menschen diesen Gendefekt auf - darunter etwa 800 Kinder. Lara Dobner aus Neuhofen an der Ybbs (NÖ) ist eines von ihnen. Im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung wurde erstmals der Verdacht auf Morbus Recklinghausen geäußert und durch eine blutgenetische Untersuchung leider bestätigt.
Unterstützung durch die Patientenorganisation
„Wir waren bestürzt, verängstigt und hatten viele Fragen“, berichtet Laras Mutter Victoria Dobner. „Beim Verein NF-Kinder bekamen wir Antworten und Informationen über die Erkrankung, aber auch das Gefühl, mit der Situation nicht alleine dazustehen.“ Obmann Claas Röhl, selbst Vater einer betroffenen Tochter, kennt die Bedürfnisse und Herausforderungen für Familien: „Als Patientenorganisation helfen wir, z. B. Experten aus dem Bundesland zu finden, bieten aber auch psychosoziale Angebote außerhalb der Kliniken.“
Für die Familie beginnt eine schwere Zeit
Intensive jährliche Untersuchungen sind nötig, um auftretende Symptome früh entdecken und körperliche Schäden verhindern zu können. Dabei wurde bei Lara ein Tumor am Sehnerv festgestellt, der schnell wuchs. Im schlimmsten Fall drohte die Kleine zu erblinden. Eine Operation dieser Gewebeveränderungen ist nicht möglich und eine Strahlentherapie aufgrund der oft schweren Folgeschäden ebenfalls keine Option. Nur eine Chemo-Therapie konnte dem Kind helfen, das restliche Sehvermögen zu bewahren. Tapfer stellte sich das damals 2,5-jährige Mädchen den vielen, teils schmerzhaften Untersuchungen und Behandlungen. Das Krankenhaus wurde zum zweiten Wohnzimmer, Ärzte und Pflegepersonal zu guten Bekannten. Man hat geweint und gelacht, gebangt, aber auch gehofft.
Um NF-Patienten bestmöglich zu betreuen, müssen viele medizinische Disziplinen - Kinderheilkunde, Augenheilkunde, Neurologie, Orthopädie, HNO, Neurochirurgie, Psychologie, Onkologie - eingebunden werden.
Assoc. Prof. Dr. Amedeo Azizi, ärztl. Leiter des NF Kinder Expertisezentrum am AKH Wien
Im Alter von 5 Jahren konnte Lara die Chemotherapie beenden, die Familie fand wieder Kraft und Lebensmut. Vor einem Jahr zeigte jedoch eine Untersuchung, dass der Tumor am Sehnerv wieder gewachsen ist. „Wir hatten gehofft, dass unsere Tochter nun von weiteren schweren Komplikationen verschont bleibt, die neuerliche Chemotherapie war ein großer Schock. Es ist bewundernswert, wie tapfer Lara die erneute Behandlung über sich ergehen lässt, auch wenn man merkt, dass wir oft psychisch an unsere Grenze stoßen“, so Victoria Dobner. Mittlerweile ist Lara acht Jahre alt und hat noch vier Chemo-Zyklen vor sich. Dennoch ist sie voller Lebenslust. Am meisten freut sich das Mädchen darauf, endlich wieder wie alle anderen Kinder jeden Tag in die Schule gehen zu können.
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