Mit der Abwanderung ausländischer Internetdienste und der Einführung eines Zensurgesetzes haben Russen immer weniger Möglichkeiten, sich vorbei an der staatlichen Propaganda unabhängig über Putins Krieg in der Ukraine zu informieren. Aktivisten greifen zu ungewöhnlichen Mitteln, um die Menschen in Russland zu erreichen. Nach Google Maps und Tinder dient nun auch Pornhub Kriegsgegnern als Kommunikationskanal.
Unzensierte Informationen über den Krieg fanden die Russen in den letzten Wochen bereits in Gasthausbewertungen auf Google Maps, Tinder-Profilen und zuletzt auf gehackten russischen TV-Sendern und Streaming-Kanälen. Treibende Kraft ist unter anderem das Hackerkollektiv Anonymous, das die russischen Zensurbemühungen konsequent auszuhebeln versucht.
Fliegeralarm statt Sexvideos
Wie das Online-Magazin „Vice“ berichtet, verbreiten Aktivisten ihre Nachrichten an die Russen mittlerweile sogar auf Pornhub - zum Beispiel Kate, eine Porno-Darstellerin aus Kiew. Sie postet normalerweise Sexvideos. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind es Aufnahmen vom Krieg. Nächtlicher Fliegeralarm in Kiew, gespenstisch leere Straßen der belagerten Stadt, gepaart mit einer klaren Botschaft: „Stoppt den Krieg!“.
Ich hatte noch nie im Leben so eine Sirene gehört und war noch nie in einem Luftschutzbunker.
Pornhub-Nutzerin Kate
„Ich hatte noch nie im Leben so eine Sirene gehört und war noch nie in einem Luftschutzbunker“, sagt die Aktivistin. Ihr gehe es darum, aufzuzeigen, dass ein Krieg mit seinen tragischen Folgen jeden treffen könne.
Riskanter Protest in Russland
Auch russische Pornhub-Nutzer protestieren gegen Putins Krieg: Voll bekleidet erklärt etwa ein Paar aus Russland in einem Video, sich für sein Heimatland zu schämen. „Die ganze Welt hält unser Land für einen Aggressor-Staat und daran ist nur unsere Regierung schuld. Das Einzige, was wir jetzt machen können: nicht schweigen und unsere Meinung sagen.“
Tatsächlich braucht es in Russland Mut, sich gegen die Regierung zu stellen. Bei Protesten gegen den Krieg in der Ukraine wurden in den letzten Tagen Tausende Menschen verhaftet.
Die Zensur schreibt genau vor, was Russen in den Medien und im Internet sehen dürfen und was nicht. Viele ausländische Internetdienste wie Twitter und Facebook wurden eingeschränkt oder verboten, umso wichtiger werden im Kampf gegen Putins Propaganda nun unkonventionelle, noch verfügbare „Kommunikationskanäle“ wie Pornhub.
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