Teils mehr als zwei Euro für einen Liter: An den Tankstellen sind die Preise rasant gestiegen. Was Autofahrer sagen und wie der Experte die Lage beurteilt: ein Lokalaugenschein in Graz.
Einmal Volltanken um 140 Euro! Im Jänner zahlte Laura Gartner dafür noch circa 80 Euro, also etwas mehr als die Hälfte. So wie viele hat sie aber keine Wahl: „Ich brauche das Auto täglich für die Fahrt in die Arbeit. Ich kann nicht darauf verzichten.“ Ein klassisches steirisches Pendlerschicksal sozusagen.
„Die Leute tanken noch immer gleich viel“, sagt Jürgen Roth. Der Fachverbandsobmann des Energiehandels beobachtet derzeit auch keine Hamsterkäufe: „Ein paar Private fühlen sich aber aufgrund der Situation in der Ukraine mit vollem Tank sicherer.“
Ist der Sprit knapp? Das ist nicht ganz falsch, sagt Roth: „Länder wie Deutschland oder Ungarn brauchen den Treibstoff selbst. Sie sind von Russland abhängig und exportieren deswegen nicht.“ Dadurch kommen die Lieferströme ins Stocken. Roth beruhigt aber: „Im unwahrscheinlichen Szenario, keinen Sprit mehr zu bekommen, gibt es Reserven. Wir haben genug Treibstoff für 90 Tage.“
Zum Tanken über die Grenze
In der Oststeiermark nutzen viele bereits die Nähe zu Ungarn, um billiger zu tanken - aber auch das hat seine Tücken: „Weil man dort eben von russischem Öl abhängig ist, haben die Ungarn ein Tanklimit von 30 Liter eingeführt.“ Die Strecke für Sprit auf sich zu nehmen, sei wenig sinnvoll, meint Roth. Trotzdem fahren auch einige Steirer schon über die Grenze nach Slowenien: „Dort tankt man derzeit für 1,6 bis 1,7 Euro pro Liter. Das sollte aber nur kurzzeitig so bleiben.“ Schon bald wird sich wohl auch der slowenische Preis auf steirisches Niveau bewegen.
Ein paar Private fühlen sich aber aufgrund der Situation in der Ukraine mit vollem Tank sicherer.
Jürgen Roth
Und dieses ist äußerst hoch: Etwa zwei Euro für einen Liter Diesel, ein paar Cent weniger für Benzin zahlt man derzeit. Die Tankstellen-Betreiber verdienen laut Roth übrigens nicht an den horrenden Preisen.
Preis könnte schon bald wieder sinken
Werden die Zahlen noch weiter nach oben klettern? Der Fachverbandsobmann glaubt nicht daran: „Wenn die Ukrainer und die Russen eine Lösung finden, könnte sich der Preis nach mehreren Monaten wieder auf einem normalen Niveau einpendeln.“ Eine erste Erleichterung erwarten Experten schon für die kommende Woche (siehe Seite 8).
So kann Pendlern jetzt geholfen werden
Zurück zu Pendlerin Laura Gartner: So wie ihr geht es vielen Steirern. Der Nummer-eins-Grund, ins Auto zu steigen, ist der Arbeitsweg. Das bedeutet auch, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter beim Sparen unterstützen können: Öffi-Jobtickets, Homeoffice oder Fahrgemeinschaften sind laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) Möglichkeiten.
„Die Gleichung ist einfach: Fährt man zu zweit, reduziert man die Spritkosten um die Hälfte – und zahlt somit weniger als noch im Jänner“, rechnet Expertin Lina Mosshammer vor. Durch Mitfahr-Apps wie triply oder ummadum funktioniere das auf unkomplizierte Art und Weise. Weg von fossiler Energie, weg von russischem Öl – das sei nicht erst jetzt, sondern eigentlich schon lange notwendig.
Dem pflichtet auch Jürgen Roth bei. „Wir brauchen die Infrastruktur, um aus den USA im großen Stil zu importieren.“ Für das Investieren in erneuerbare Treibstoffe sei ebenso ein guter Zeitpunkt: „Dadurch könnte man die Versorgung sichern und auf die Umwelt schauen. Die Preise würden sich dann einpendeln – wenn auch bei ein paar Cent höher als vorher.“
Noch kein Anstieg bei den Öffi-Karten
Sind die teuren Sprit-Preise ein Impuls, der endlich mehr Steirer in Züge und Busse bringt? Noch verzeichnen die Öffi-Betreiber keine Zunahme bei den Ticketverkäufen. 12.000 Menschen haben sich seit der Einführung ein Klimaticket Steiermark gekauft, 9000 Steirer eines für ganz Österreich. Der Preis für das Bundesland-Ticket (588 Euro) wird dieses Jahr nicht erhöht, andere Tarife werden am 1. Juli angepasst. „Wir haben im Grazer Südosten die Busrevolution ausgerufen, den Takt der S-Bahn zwischen Leibnitz und Graz verdichtet und die Regio-Busse weiter ausgebaut“, zieht der steirische Verkehrsreferent Anton Lang (SPÖ) Bilanz.
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