Danso im Interview

„Für Österreich zu spielen, ist das Größte“

Fußball International
12.03.2022 07:09

Er durchlief alle ÖFB-Nachwuchsteams, feierte unter Marcel Koller bereits mit 18 Jahren sein A-Team-Debüt, hängt aber seit 2018, dem 0:3 gegen Brasilien, bei „nur“ sechs Länderspielen fest - die Karriere von Kevin Danso schien ins Stocken geraten. Verursacht durch Wanderjahre in Deutschland, England und einem unrühmlichen Transferstreit. Aber seit dem Sommer blüht der 23-Jährige beim RC Lens in der Ligue 1 wieder auf, ist im Norden Frankreichs der Abwehrchef, bremste auch schon Messi, Mbappe und Co. Wird Danso damit auch wieder zu einem Kandidaten für Franco Foda?

„Krone“: Kevin, du warst in 24 von 27 Spielen in der Startelf von Lens, bist der Abwehrchef in der Dreierkette - ist dir jetzt endgültig der Durchbruch gelungen?
Kevin Danso: „Das sollen andere entscheiden. Aber ich bin gereift, fühle mich wohl, spüre das Vertrauen des Vereins. Das spiegelt sich in den Leistungen wieder.“

Die LÉquipe hat dich aber bereits als Entdeckung der Saison gefeiert.
(lacht): Das freut mich. Vielleicht liegt mir die Ligue 1 einfach mehr.

(Bild: GEPA pictures)

Was unterscheidet den Fußball in Frankreich von Deutschland und England? Du hast ja alle drei Top-Ligen schon erleben dürfen.
Schwierig, die Premier League ist für mich ganz klar auf Platz 1, sowohl taktisch als auch physisch. In der Bundesliga regiert noch mehr die Taktik. Frankreich ist ein Mix aus allem. Das passt gut zu mir. Aber als Verteidiger ist die Ligue 1 schwieriger als die Bundesliga, weil die Stürmer alle schnell, aber auch taktisch beschlagen sind. Die Spiele sind sehr offen, oft ausgeglichen. 

Bei uns in Österreich sorgen vor allem die Spiele von Paris SG für Schlagzeilen. Ihr habt schon im Herbst gegen sie 1:1 gespielt, da habt ihr erst in Minute 90 den Ausgleich bekommen. Wie war es da vom Tempo her gegen Mbappe oder Messi?
Für solche Partien spielt man Fußball, man träumt als Kind davon, sich mit den Besten zu messen. Es war etwas besonderes, ich wollte das Niveau erleben, sehen, wie ich dagegen halten kann. Unglaublich, mit welcher Lockerheit und Sicherheit am Ball sie agieren. Dennoch hätten wir gewinnen können. Dann kommt die 90 Minute. Aber alles kann man gegen sie nicht wegverteidigen.

(Bild: GEPA)

Hast du dir danach das Trikot von Messi oder Mbappe geangelt?
(lacht): Nein, da haben sich zu viele meiner Mitspieler angestellt. Ich warte auf das Trikot von Ramos, im April treffen wir ja wieder auf Paris. 

Es scheint, als hättest du letztlich alles richtig gemacht. Im Sommer hast du aber für Wirbel gesorgt, als du deinen Wechsel von Augsburg zu Lens erzwungen, quasi gestreikt hast. Letztlich hast du 5,5 Millionen Euro Ablöse gekostet, aber hast du dir damit nicht deinen Ruf beschädigt?
Nein, es war eine Entscheidung für mich und nicht gegen Augsburg. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich so nicht bin. Ich habe darauf vertraut, dass auf mich gesetzt wird - so wie es mir in Aussicht gestellt wurde. Daher habe ich auch vorzeitig für fünf Jahre verlängert. Aber im Rückblick war man leider nicht ehrlich zu mir. Ich wurde zuerst nach Southampton, dann nach Düsseldorf verliehen. Zurück in Augsburg habe ich dann keine Perspektive mehr gehabt, da ich nur noch als Backup eingeplant war. Der Klub wusste seit zwei Jahren, seitdem ich immer wieder verliehen wurde, dass ich durch diese Situation weg will. Es wurde mir dann versprochen, dass man sich mit einem Angebot beschäftigt, wenn es aus dem Ausland kommt. Das ist leider nicht passiert. Es war letztlich beidseitig nicht die feine englische Art, wie alles abgelaufen ist, aber wenn deine Karriere in Gefahr gerät, dann hört doch jeder auf sein Herz. Mir ist es wichtig das Vertrauen zu spüren. Lens hat mir eine Führungsrolle in Aussicht gestellt. Und Lens hat Wort gehalten.

(Bild: twitter.com/Fortuna Düsseldorf)

Du sprichst von Wir. Dein Bruder ist gleichzeitig auch dein Berater, wie wichtig war er in der Situation?
Sehr wichtig. Es war mental extrem belastend, nicht einfach für mich, wirklich.Das ist nicht meine Art. Aber Augsburg war nicht ehrlich zu mir, umso wichtiger war es, jemanden an meiner Seite zu haben, dem ich zu 100 Prozent vertrauen kann. Dafür bin ich dankbar.

Nach einem starken Start seid ihr jetzt im Liga-Mittelfeld gelandet - wohin geht die Reise von Lens in der Saison?
Wir hatten im Winter keine gute Phase, das kann passieren, gehört zur Entwicklung. Die nächsten Spiele werden wichtig. Am Sonntag treffen wir auf Metz. Mit zwei Siegen sind wir oben dran, ich werde alles dafür tun, nächstes Jahr in Europa zu spielen?

(Bild: AFP)

Du hast bereits mit 18 Jahren unter Marcel Koller dein Teamdebüt gefeiert, bei Franco Foda kamst du aber noch nicht zum Einsatz - wie ist der Kontakt mit dem Teamchef? Hat er oder seine Assistenten dich schon in Frankreich beobachtet?
Nicht das ich wüsste. Zuletzt gab es keinen Kontakt. Es würde mich freuen, wenn sich das bald wieder ändert.

Also weißt du noch nicht, ob du am Dienstag im Teamkader dabei bist?
Nein, aber ich hoffe es. Die Ligue 1 wird leider scheinbar nicht so beachtet wie die Bundesliga oder die Premier League. Ich kann nur versuchen, mich in den Vordergrund zu spielen, jede Woche meine Leistung zu bringen. Natürlich sind wir im Nationalteam in der Innenverteidigung wirklich top aufgestellt. Der Konkurrenzkampf schadet nie.

Aber?
Aber selbst wenn ich nicht dabei bin, werde ich beim Spiel gegen Wales vor dem Fernseher mitfiebern. Ich durfte mit 14 Jahren das erste Mal das Teamtrikot im Nachwuchs überstreifen. Ich trage es mit stolz, wir sind Afro-Österreicher, es wäre für meine ganze Familie ein Traum, wenn ich jetzt wieder dabei bin. Es gibt nichts Größeres, als die Hymne zu hören, für Österreich zu spielen.

Du schwärmst von Österreich, bist aber schon als Jugendlicher auf die Insel übersiedelt - was vermisst du an deiner Heimat?
(lacht): Vor allem das Essen. Über österreichisches Essen geht nichts drüber. Das Schnitzel, alle Nachspeisen - da bekomme ich gleich wieder einen Hunger.

Wie läufts in Frankreich mit der Kommunikation? Die Franzosen sind ja nicht gerade dafür bekannt, Gästen sprachlich entgegenzukommen. Und das ist noch höflich formuliert.
Das stimmt. Aber ich hatte in der Schule Französisch, mache hier einen Kurs, schlage mich ganz gut durch. Die Kommandos auf dem Platz sind ohnehin kein Problem. Es wird immer besser, dann bin ich schon viersprachig.

Also auf alle Eventualitäten vorbereitet - wie schaut dein Karriereplan aus? Du bist ja erst 23 Jahre alt, wohin soll die Reise gehen?
Am liebsten mit Österreich zur WM. Ich will mich weiterentwickeln, von Spiel zu Spiel besser werden. Der Rest ergibt sich. Ich bin einfach dankbar, hier in Lens jetzt das Vertrauen zu bekommen.

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(Bild: KMM)



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