Nach Protest im TV
Russische Redakteurin zu Geldstrafe verurteilt
Mit ihrem Anti-Kriegs-Protest live im russischen Staatsfernsehen hat die Redakteurin Marina Owsiannikowa viel Mut bewiesen und ordentlich Staub aufgewirbelt. Dass sie sich mit dem Text auf ihrem Plakat „Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“ keine Freunde im Kreml macht, war klar. Owsiannikowa ist am Dienstag von einem Gericht wegen Aufrufs zu Protesten gegen den Krieg in der Ukraine zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (rund 226 Euro) verurteilt worden.
In den russischen Staatsmedien ist es untersagt, von einem Krieg zu sprechen. Die Staatsführung nennt das Vorgehen im Nachbarland eine „militärische Spezialoperation“ zur „Entmilitarisierung“ und zur „Entnazifizierung“ der Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der jüdische Wurzeln hat, bedankte sich bei Owssjannikowa, die die erste Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens ist, die öffentlich Stellung gegen die Invasion bezogen hat. In einem vor der Aktion aufgezeichneten Video erklärte sie, dass ihr Vater Ukrainer und ihre Mutter Russin sei - „sie waren nie Feinde“, so die Redakteurin. „Russland muss diesen Bruderkrieg beenden“, forderte Owsiannikowa.
Nach ihrer mutigen Anti-Kriegs-Botschaft wurde die Frau offenbar in Polizeigewahrsam genommen. Doch niemand aus ihrem Umfeld wusste zunächst, wo sie sich genau befindet oder konnte Kontakt zu ihr aufnehmen. Zuerst wurde berichtet, dass sie sich auf einer Polizeiwache im Stadtteil Ostankino befinde, doch die dortigen Beamten verneinten dies auf Anfrage von Menschenrechtsaktivisten. Auch beim Besuch eines anderen kolportierten Aufenthaltsorts konnte die Frau nicht gefunden werden.
Suche nach Journalistin dauerte „die ganze Nacht“
Die Anwälte von Owsiannikowa erklärten gegenüber BBC Russian, man habe überall nach der Mandantin gesucht, aber sie nicht finden können. Telefonanrufe blieben unbeantwortet, die Juristin Anastasia Kostanova erklärte, sie habe „die ganze Nacht damit verbracht“, nach der vermissten Journalistin zu suchen. „Das bedeutet, dass sie sie vor ihren Anwälten verstecken und versuchen, ihr den Rechtsbeistand zu entziehen, und anscheinend versuchen sie, die strengste Strafverfolgung vorzubereiten“, befürchtete Kostanova. Tags darauf gab es wieder ein Lebenszeichen von der mutigen Russin. Ein Foto, das in sozialen Medien veröffentlicht wurde, zeigt sie mit dem prominenten russischen Journalisten Alexej Wenediktow in einem Gerichtsgebäude.
Haftstrafe von 15 Jahren möglich gerwesen
Die Anwälte der Redakteurin glaubten zunächst, dass sie nach dem neuen Strafgesetz verfolgt würde. Schlimmstenfalls hätten der Russin 15 Jahre Haft gedroht.
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