Eine kurze Nacht hatten die Bewohner der Wiener Innenstadt von Dienstag auf Mittwoch: Knapp nach 2 Uhr holten die Kirchenglocken die Menschen aus dem Schlaf (siehe auch Video oben). Ein Hacker spielte Messdiener.
Die Nacht auf Mittwoch war für City-Bewohner überraschend kurz – nicht jedoch wegen der Aufhebung der Sperrstunde. „Es war kurz nach zwei Uhr nachts, als ich die Glocken des Stephansdoms läuten hörte. Als ich gemerkt habe, dass der Kardinal schon zweimal angerufen hatte, war mir klar, dass es sich nicht um einen Traum handelte“, erinnert sich Dompfarrer Toni Faber.
Auch noch die Alarmanlage ausgelöst
Der Geistliche machte sich sofort auf den Weg in die Kirche. „Dabei habe ich auch noch die Alarmanlage ausgelöst. Aber das war mir in dem Fall auch schon egal. Ich bin rasch in die Sakristei gelaufen und habe versucht, die Glocken auszuschalten. Nach mehreren Anläufen ist es mir dann gelungen“, so Faber. Da war die Messe für viele Anrainer aber schon gelesen und sie sind putzmunter in ihren Wohnungen gesessen. Dafür will sich die Erzdiözese auch bei allen entschuldigen.
Zuerst die Glocken im Südturm, dann die im Heidenturm
Doch das böse Erwachen kam erst am Morgen: Die Technik hielt in den vergangenen Jahren auch im Stephansdom Einzug. Und so sind die Beleuchtung wie auch die verschiedenen Geläute nicht nur automatisiert, sondern auch über eine App steuerbar. Das machte sich anscheinend ein Hacker zunutze. „Unser Sicherheitsdienst hat im System seine Spuren gefunden. Wir wissen jetzt, dass er zuerst die Glocken im Südturm und danach die im Heidenturm eingeschaltet hat. Ich konnte ihn über die Konsole dann wohl aus dem System aussperren“, so Faber.
Die Hintergründe seien aber noch unklar, zusammen mit Sicherheitsexperten wolle man nun aber weitere Vorkehrungen treffen. Am Nachmittag habe man jedenfalls die Glocken vom normalen Netz genommen und eine feste VPN-Leitung installiert.
Nach mehreren Anläufen ist es mir gelungen, die Glocken auszuschalten. Die Pummerin ist nicht online angebunden.
Dompfarrer Toni Faber
„Krone“: Herr Dompfarrer Faber, gibt es schon eine erste Spur zum Hacker?
Toni Faber: Unsere Sicherheitsfirma arbeitet daran. Sie können die Spuren des Eindringlings im System auch gut analysieren. Ein Bekennerschreiben gibt es auf jeden Fall noch nicht.
Warum hat der Angreifer nicht auch die Pummerin aktiviert? Dann wäre halb Wien aufrecht im Bett gesessen.
Die Pummerin ist nicht online angebunden. Da hätte der Angreifer physisch einige Schlösser aufbrechen müssen. Da wir aber auch Kameras im Dom haben, können wir mittlerweile auch mit hoher Sicherheit ein Eindringen ausschließen.
Aber es gibt auch Situationen, in denen in der Nacht die Glocken des Stephansdoms erklingen.
Ja, zum Beispiel bei einem - hoffentlich noch nicht so baldigen - Ableben hoher kirchlicher Würdenträger. Aber auch dann würden wir vermutlich bis zum Morgen warten, um dies mit Glockenläuten zu verkünden.
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