krone.at: Das Phänomen Harald Serafin ist sehr vielschichtig. Sie sind der Intendant der Seefestspiele, der "Mister Wunderbar", der "Dancing Stars"-Juror. In welcher Rolle gefallen Sie sich denn selbst am besten, Herr Serafin?
Harald Serafin: Wenn Sie das so aufzählen, muss ich sagen, dass ich mir leider in jeder Rolle gut gefalle. Hauptsache, sie ist gut und seriös gemacht. Aber "Dancing Stars" war für mich schon ein großer Kick, um auch bei der Jugend anzukommen. Für einen Methusalem, der ich ja bald bin, ist das sehr wichtig. Und das merken wir natürlich auch ein bisschen beim Verkauf: Junge Menschen kommen gerne nach Mörbisch und hoffen auf eine Show.
krone.at: Dann erzählen Sie uns doch ein wenig über die Vorbereitung auf diese Show. Am 14. Juli ist ja Premiere von "Der Zigeunerbaron". Wie laufen die Vorbereitungen, was tut sich derzeit?
Serafin: Die konzentrierten Proben beginnen nächste Woche. Der "Zigeunerbaron" ist sozusagen der "Jedermann" von Mörbisch. Die Leute lieben ihn.
krone.at: Warum ist das so? Was macht den "Zigeunerbaron" auch für den Intendanten so anziehend, dass er heuer in Mörbisch bereits zum zehnten Mal gespielt wird?
Serafin: "Der Zigeunerbaron" ist ein Stück, das das Flair des Neusiedler Sees braucht. Die Menschen, die kommen, wissen genau, dass man den "Zigeunerbaron" nirgendwo besser machen kann als in Mörbisch, wo es diese tolle Aura gibt. Es ist ja auch immer warm bei uns, in Mörbisch haben wir die meisten Sonnenstunden. Daher kommen die Leute gerne und verbinden das auch gleich mit einem Ausflug. Menschen wollen ein Gesamtpackage haben.
krone.at: Regisseurin Brigitte Fassbaender hat angekündigt, den "Zigeunerbaron" ein wenig näher an die Gegenwart heranzuführen. Würde der "Zigeunerbaron" in jeder Epoche funktionieren?
Serafin: Nein, ganz unmöglich. Der Text gehört in die k.u.k.- Zeit. Wer etwas anderes versucht, scheitert - sowohl bei der Inszenierung als auch beim Publikum. Das Publikum will, und das ist auch Teil meines Erfolges, Originalität.
krone.at: Dazu werden Sie beitragen, indem Sie auch heuer wieder auf der Bühne stehen und den "Conte Carnero" spielen. Regisseurin Fassbaender meinte dazu, dass sie schon gespannt sei, ob Sie ihren Anweisungen immer Folge leisten, weil es nicht immer einfach sei, sich gegen Sie durchzusetzen. Stimmt das? Sind Sie kein pflegeleichter Schauspieler?
Serafin: Pflegeleicht bin ich nicht. Ich bin ein denkender, manchmal auch ein protestierender Schauspieler. Das war natürlich ein netter Gag von ihr, als sie meinte, man müsse mich bändigen. Ich sage dazu: Gerne, bändigen wir uns beim Rotwein (lacht).
krone.at: Wie schwierig ist es für Sie, den Spagat zwischen Schauspielerei und Intendanz zu schaffen?
Serafin: Ach, überhaupt nicht. Das Wichtigste an diesem Spagat ist das Lernen. Wenn ich den Text gelernt habe, dann ist das einfach. Dann pendle ich eben zwischen Bühne und Büro, um den Intendantenjob zu machen. Aber da sind alle Regisseure sehr kooperativ - ich ja genauso.
krone.at: Sie sind seit 1992 bei den Seefestspielen als Intendant aktiv. Wissen Sie denn auf die Schnelle noch alle Stücke, die unter Ihrer Intendanz auf die Bühne gebracht worden sind.
Serafin: Alle nicht, aber sehr viele: "Die Fledermaus", "Der Zigeunerbaron", "Wiener Blut", "Die Csárdásfürstin", "Guiditta", "Der Bettelstudent". Das waren schon sehr schöne Stücke. Alle gibt's übrigens auf Video, alle wurden weltweit verkauft. Und das ist das Ergebnis der PR, die ich mache. Wo Sie auch hinfahren - überall sind sie aufgereiht: Wir sind sozusagen die einzigen Producer für Klassische Operette.
krone.at: Heuer sind Sie zum vorletzten Mal als Intendant tätig. Wie fällt denn eine erste Zwischenbilanz Ihres Schaffens aus?
Serafin: Ich finde, es ist ein Riesenhit geworden. Ich habe in Mörbisch meine grauen Haare gefunden (lacht). Bis zu 220.000 Menschen pilgern jedes Jahr nach Mörbisch. Das ist ein Riesenerfolg für uns. Darauf bin ich schon sehr stolz. Daher gehe ich mit Freude weg und wünsche der Nachfolgerin jedenfalls "Toi, toi, toi".
krone.at: Gerade um diese Nachfolgerin, um Dagmar Schellenberger, gab's in der Vergangenheit viel Aufregung. Es wurde gemunkelt, ob bei ihrer Bestellung auch wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wie haben Sie diese Diskussion verfolgt?
Serafin: Solche Munkeleien gehören zum Theater. Das belebt das Theater und die Aktivität untereinander. Insofern ist das gut. Wir leben ja von der PR und von der Munkelei, von der Intrige. Wer das nicht durchsteht, muss den Beruf wechseln und Priester werden (lacht). Obwohl: Dort gibt's genauso viele Intrigen. Deswegen gibt's auch die Kirche schon so lange. Und das hoffe ich auch für Mörbisch - dass es die Seefestspiele noch mindestens 2.000 Jahre gibt.
krone.at: Man sieht Sie in der Öffentlichkeit stets gut gelaunt, immer fröhlich. Manchmal fragt man sich, ob Sie das bis zu einem gewissen Grad spielen müssen oder ob Sie das wirklich sind. Wie ist es?
Serafin: Ich denke, ich bin es einfach. Ich bin der Pathologe vom Dienst. Ich liebe die Fröhlichkeit und die Lustigkeit. Viele Intellektuelle sagen, man kann nicht immer fröhlich sein - da muss man einen Huscher haben. Vielleicht habe ich ihn (lacht). Aber einen positiven Huscher. Und der bewirkt, dass die Menschen mich scheinbar mögen und lieben. Soll ich's ihnen austreiben? Ich denke nicht daran. Da behalte ich lieber meinen Huscher.
krone.at: Anders gefragt: Was muss denn passieren, damit Sie einmal schwermütig oder traurig sind?
Serafin: Eine Krankheit oder die Aktien fallen (lacht). Das macht einen schon traurig. Stellen Sie sich vor: Ich habe sechs Aktien und zwei davon würden fallen - dann wäre ich ein armer Mann. Spaß beiseite: Mich macht traurig, wenn in der Familie etwas passiert ist. Oder Intrigen. Das greift mich schon an. Aber ich habe ein Talent, schnell drüber hinwegzukommen. Mein Vater sagte immer: "Lass keinen Zorn lange in die Subkutane kommen. Schau, dass du's rausreißt. Und denk dran: Jeden Tag scheint die Sonne." Und wenn es auch noch so primitiv klingt: Das ist eine Lebensphilosophie.
krone.at: Das wäre eigentlich schon ein schönes Schlusswort, aber wir müssen natürlich noch drauf zu sprechen kommen, dass Sie im Dezember Ihren 80. Geburtstag feiern. Was wünschen Sie sich denn zum 80er?
Serafin: Dass es mir gut geht. Angeblich macht mir der Herr Landeshauptmann ein schönes Fest. Was willst du mehr? 80 ist bei unserer Medizin doch kein Alter. Ich will nicht 107 werden wie der Heesters, aber wenn ich super beinand' bin, will ich 109 werden (lacht). Ich habe ein Buch geschrieben, das heißt: "Nicht immer war es wunderbar". Und das stimmt tatsächlich: Mein Leben war nicht immer wunderbar. Aber ich habe eben von zu Hause den Huscher mitbekommen. Lasst's ihn doch dort, wo er ist.
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