Schauspielhaus Linz

Sehnsucht und tiefe Abgründe im Menschenzoo

„Du wirst meiner Liebe nicht entgehen“, droht der Fleischhauer Oskar der braven Marianne. Sie verlässt ihn, weil ihr ein Spieler die Augen verdreht hat: Alfred. Er ist das Geschöpf, um den herum sich Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wienerwald“ weiterkurbeln, bis alle Abgründe des Kleinbürgertums ausgeleuchtet sind. Eine brillante Inszenierung im Schauspielhaus von Stephanie Mohr!

Stephanie Mohr spielt in ihrer Regie nicht die brutale Härte des Daseins aus, sondern hält die Sehnsucht nach einem gelingenden Leben, die alle Figuren in sich spüren, fein gesponnen am Lodern. Darum darf der Knochenmann in der Auslage des Zauberkönigs auch hinterm Glitzervorhang stehen, darum ist Alfred der ewige Spieler, der selbstverloren Kippen in Flaschenhälse tropfen lässt, während Marianne mit Selbstmord kokettiert.

In den Mühlen der Verschlagenheit
Den Operettenreigen verwandelt Mohr in Sprechgesang mit Stampfen, lässt so die Mühlen des Faschismus vorausahnen. Die Großmutter identifiziert Mohr als schrecklichste Figur in Horvaths Menschenzoo. Christian Higer gibt ihr verschlagene Gesichter, dann wieder ein Betteln um Gefühle - grandios! 
Theresa Palfi ist eine unverstellte, ätherische Marianne, Benedikt Steiner zeichnet Alfred als Sklaven der Unbeschwertheit; Katharina Hofmann ist eine selbstbewusste Valerie, Horst Heiss ein berechnender Zauberkönig, Daniel Klausner ein (zu) schüchterner Oskar.

Im Bild deutet Florian Parbs Trafik, Geschäft, Fleischerei mit Versatzstücken an, bannt alles in Dunkelrot, als wäre die Gasse im 8. Bezirk eine Schlachtbank, geopfert werden eine Frau und ihr Kind. Sehenswert!