Was für eine irre Oscar-Nacht! Nachdem Schauspieler Will Smith während der Show ausgerastet war und den Comedian Chris Rock geschlagen hatte, wurde er als bester Hauptdarsteller in „King Richard“ mit dem ersten Oscar seiner Karriere ausgezeichnet. Weinend hielt er seine Dankesrede: „Liebe führt dazu, dass man verrückte Dinge macht.“ Jessica Chastain erhielt den Oscar als beste Hauptdarstellerin (siehe auch Video oben). Als bester Film wurde das Gehörlosen-Drama „Coda“ ausgezeichnet. Der Angriffskrieg in der Ukraine wurde von den Oscar-Machern zwar erwähnt, aber eher lasch abgehandelt.
Der mit der Serie „Der Prinz von Bel Air“ berühmt gewordene Will Smith holte sich wie erwartet für seinen Auftritt in „King Richard" als Vater der Tennisschwestern Serena und Venus Williams seine erste Trophäe. „In diesem Geschäft musst du es aushalten, dass Menschen respektlos zu dir sind und du musst trotzdem lächeln“, betonte Will Smith weinend in seiner verwirrten, tränenreichen Rede.
Er wolle ein Beschützer für andere sein, betonte der 53-Jährige. Dann entschuldigte er sich, dafür, „was ich getan habe“. „Ich möchte mich bei der Akademie entschuldigen. Ich möchte mich bei allen meinen Mitkandidaten entschuldigen“, sagte er und scherzte dann: „Kunst ahmt das Leben nach: Ich sehe aus wie der verrückte Vater. Genau wie sie es über Richard Williams gesagt haben. Aber Liebe führt dazu, verrückte Dinge zu tun.“
Ohrfeige für Chris Rock
Und das hat er getan und es wird vermutlich noch lange für Aufregung sorgen: Nachdem Presenter Chris Rock über den kahlen Kopf von Smiths Frau Jada Pinkett Smith gewitzelt hatte, sie könnte in „Die Akte Jane 2“ mitspielen, stürmte Smith die Bühne, gab Rock eine Ohrfeige und schimpfte hernach mit im US-Fernsehen nicht sendbaren Worten, dieser solle den Namen seiner Frau nicht in den Mund nehmen. „Keep my wife‘s name out of your fucking mouth“, brüllte er sichtlich erzürnt.
„Wow, Alter, das war ein G.I.-Jane-Witz“, sagte Rock, worauf Smith noch einmal antwortete: „Lass den Namen meiner Frau aus deinem verdammten Mund!“ „Ich werde, okay?“, versuchte Rock zu beruhigen, bevor er „Das war die … größte Nacht in der Geschichte des Fernsehens“ sagte und den Preis für die beste Dokumentation überreichte.
Oscar für Chastain
Unter all der Aufregung gingen die Vergaben der letzten Oscars der Verleihung beinahe unter. Jessica Chastain setzte sich mit ihrer Rolle als Fernsehpredigerin in „The Eyes of Tammy Faye“ gegen die Konkurrentinnen durch. Sie hielt ein flammendes Plädoyer für die Akzeptanz der queeren Community auf der Welt.
„Wir sind mit diskriminierenden und bigotten Gesetzen konfrontiert, die unser Land überschwemmen, mit dem einzigen Ziel, uns weiter zu spalten“, sagte sie. „Es gibt Gewalt und Hassverbrechen, die an unschuldigen Zivilisten auf der ganzen Welt verewigt werden.“
„Und in Zeiten wie diesen denke ich an Tammy und bin inspiriert von ihren radikalen Liebestaten“, fuhr Chastain fort. „Mich inspiriert ihre Leidenschaft. Ich sehe sie als Leitlinie, die uns voranbringt, und sie verbindet uns alle in dem Wunsch, dass wir akzeptiert werden wollen für das, was wir sind, akzeptiert werden für das, was wir lieben, und leben wollen Leben ohne Angst vor Gewalt oder Terror.“
„Coda“ bester Film
Das Gehörlosendrama „Coda“ gewann in der Königskategorie „Bester Film“. Zuvor hatte das Remake des französischen Films „Verstehen Sie die Beliérs?“ bereits seine anderen beiden Nominierungen in den Kategorien Bestes adaptiertes Drehbuch und Troy Kotsur als bester Nebendarsteller in Preise ummünzen können.
Die US-Filmakademie zeichnete damit die Tragikomödie von Regisseurin Siân Heder aus, die von einem hörenden Mädchen erzählt, das in einer gehörlosen Fischerfamilie aufwächst.
Regie-Oscar für Campion
Die Regiesparte hatte ich zuvor hingegen Jane Campion für ihren Western „The Power of the Dog“ sichern können. Mit ihrem Westerndrama „The Power of the Dog" war die Neuseeländerin Campion die erste Frau, die zweimal in der Regiesparte nominiert war. Und sie ist die erst dritte Frau, die in der Regiesparte gewinnen konnte.
Bereits 1994 holte sich die 67-Jährige einen Oscar - für das beste Originaldrehbuch für „Das Piano“. „Ich liebe es, Regie zu führen, weil es ein tiefes Eintauchen in Geschichten ist, aber die Aufgabe, eine Welt zu manifestieren, kann überwältigend sein“, sagte Campion.
„Bei ,The Power of the Dog‘ habe ich mit Schauspielern gearbeitet, die ich dazu bewegt habe, sie meine Freunde zu nennen“, fuhr sie fort. „Und meine ganze Crew, die wahre Herzen sind.“
Krieg in der Ukraine schnell abgehandelt
Die Oscar-Show nicht groß stören sollte offenbar die russische Invasion in der Ukraine. Inmitten des Abends wurde nach einem kurzen Auftritt von Schauspielerin Mila Kunis, die familiäre Wurzeln in der Ukraine hat, mittels schwarz-weißer Einblendung zu einer Schweigeminute unter dem Hashtag „Stand with Ukraine“ und zu Spenden für die betroffenen Menschen aufgerufen.
Regielegende Francis Ford Coppola, der mit seinen Schauspielern Robert De Niro und Al Pacino anlässlich des „Paten“-Jubiläums auf der Bühne erschien, verabschiedete sich mit einem „Vive Ukraine!". Der Schauspieler Jason Momoa als Präsentator der Kategorie Beste Kamera trug etwa ein blau-gelbes Einstecktuch. Und einige wenige seiner Kollegen wie etwa Yoon Yeo-jeong, Vorjahressiegerin in der Sparte der Nebendarstellerinnen, trugen blaue Bänder mit der Aufschrift „WithRefugees“, um damit ihre Solidarität mit der Ukraine zu zeigen.
Vorab hatte Schauspieler Sean Penn zu einem Boykott der Gala aufgerufen, falls sie ohne eine Zuschaltung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stattfinden sollte.
Dankesrede in Gebärdensprache
Ein berührender Moment der Oscar-Nacht war sicherlich die Auszeichnung von Troy Kotsur als bester Nebendarsteller in dem Gehörlosen-Drama „Coda“. Der 53-Jährige ist gehörlos und das Publikum applaudierte in Gebärdensprache.
Der Schauspieler - der zweite gehörlose Mensch in den Darstellerkategorien, der je einen Oscar gewann - hielt seine Dankesrede in Gebärdensprache und machte dabei klar: „Dieser Preis ist der gesamten Gehörlosengemeinschaft gewidmet.“ Kotsur dankte seiner Frau und seiner 16-jährigen Tochter Kyra und würdigte seinen Vater, den er als „den besten Unterzeichner in unserer Familie“ bezeichnete. „Aber er hatte einen Autounfall und wurde vom Hals abwärts gelähmt und konnte nicht mehr unterschreiben“, fuhr der Schauspieler fort. „Dad, ich habe so viel von dir gelernt. Ich werde dich immer lieben. Du bist mein Held.“
Offen queere Afro-Latina
Ariana DeBose hielt im Dolby Theatre in Los Angeles den ersten Oscar des Abends in Händen. Die 31-Jährige wurde für ihre Rolle in Steven Spielbergs Remake der „West Side Story“ als beste Nebendarstellerin geehrt - wie zuvor schon bei den Golden Globes oder der Screen Actors Guild.
In ihrer Dankesrede sagte DeBose: „Träume werden wahr.“ Die Schauspielerin gewann für die Rolle der Anita im Musical - dieselbe Rolle, die Costar Rita Moreno vor genau 60 Jahren im Originalfilm einen Oscar einbrachte. Sie nannte Moreno in ihrer Rede ihre „göttliche Inspiration“ und sagte, sie sei „dankbar“, dass ihre Anita „den Weg für Tonnen von Anitas wie mich geebnet“ habe.
DeBose fügte in ihrer Rede hinzu: „Stellen Sie sich zum Schluss dieses kleine Mädchen auf dem Rücksitz eines weißen Ford Focus vor. Schauen Sie ihr in die Augen, Sie sehen eine queere - offen queere - farbige Frau, Afro-Latina, die ihre Kraft im Leben durch die Kunst gefunden hat, und ich glaube, dass wir hier sind, um das zu feiern.“ „Es gibt tatsächlich einen Platz für uns“- „There‘s a place for us“, zitierte sie aus dem Text von „Somewhere“ von Stephen Sondheim aus „West Side Story“.
„Encanto“ bester Animationsfilm
Als bester Animationsfilm wurde wie erwartet das Disney-Musical „Encanto“ ausgezeichnet. Der ebenfalls nominierte beste Song „Dos Oruguitas“ aus dem Animationssiegerfilm eröffnete davor die Reihe der Musikperformances. Zu diesem Zeitpunkt stand der Sieg von Hans Zimmer in der Filmmusiksparte allerdings bereits seit Längerem fest.
So hatte die Academy als Ausrichter des Megaevents doch die umstrittene Entscheidung getroffen, vor der eigentlich übertragenen Gala acht der 23 Preise vorab zu vergeben. Zu den ausgelagerten Preisen gehörten auch Kategorien wie Schnitt oder Filmmusik, wobei letztere der deutsche Starkomponist Zimmer für sein Score zu „Dune“ gewann. Damit konnte der 64-Jährige seinen zweiten Oscar nach seiner Musik für „Der König der Löwen“ für sich reklamieren.
Denis Villeneuves Sci-Fi-Abenteuer „Dune“ konnte dabei auch die Kategorien Sound, Kamera und Visuelle Effekte, Schnitt und damit die im erweiterten Sinne technischen Kategorien für sich entscheiden. Der japanische Film „Drive My Car“ von Ryusuke Hamaguchi, wurde mit dem Auslandsoscar ausgezeichnet.
Als bester Dokumentarfilm wird „Summer of Soul“ mit einem Oscar ausgezeichnet. Kenneth Branagh bekam den Oscar für das beste Original-Drehbuch für seinen Film „Belfast“. Der Oscar für den besten Song ging an Billie Eilish für das Bond-Lied „No Time To Die".
Beyoncé am Tennisplatz
Begonnen hatte die Oscarverleihung mit einer Begrüßung durch die Tennisschwestern Venus und Serena Williams, der als Eröffnungssong von Superstar Beyoncé, übertragen von einem Tennisplatz in Compton, folgte. Und erstmals seit 2018 gibt es mit einem Frauentrio wieder eine echte Moderation für die feierliche Hollywoodgala.
Engagiert wurden die drei Komödiantinnen Amy Schumer, Regina Hall und Wanda Sykes und damit erstmals drei Frauen als Gastgeberinnen, die frech und mit Schmäh durch die Gala führen.
Chalamet „Oben ohne“
Vor Beginn der Gala zeigten sich die Stars am roten Teppich. Einige trugen blaue Bänder mit der Aufschrift „WithRefugees“, um damit ihre Solidarität mit der Ukraine zu zeigen. Dazu gehörte auch Schauspielerin Jamie Lee Curtis, die sich kämpferisch zeigte und erklärte: „Falls hier eine Person ist, die nicht die Ukraine unterstützt, schicke sie her ... sage ihnen, dass sie zu mir kommen sollen.“
Ein für die Oscars doch außergewöhnliches Herren-Outfit trug „Dune“-Star Timothée Chalamet. Der Schauspieler schritt quasi „oben ohne“ zu den Oscars und hatte kein Hemd unter seinem offenen Glitzer-Jäckchen an. Tennis-Star Venus Williams zeigte sich mit gewagtem Dekolleté.
Eileiter und Hotpants
Für Aufregung in den sozialen Medien sorgte Regisseurin Maggie Gyllenhaal mit ihrer Robe. User fragten sich, was die goldenen Teile auf ihrem schwarzen Kleid wohl sein könnten.
Von Vögeln, Rosen und Eileitern waren da einige Vorschläge dabei und es wurde geätzt, sie erinnere an eine ionische Säule. Auch nicht schlecht: Kristen Stewart kam in Hotpants. Von Chanel. Was sonst? Das Kourtney Kardashian am roten Teppich heftig mit ihrem Verlobten Travis Barker züngelte, ging da fast unter.
Kein sorgloser Glamour
Die Gala fand im traditionellen Dolby Theatre mit mehr als 3000 Plätzen statt, auf denen aufgrund der Pandemie aber nur 2500 Gäste Platz nahmen. Die Nominierten und ihre Begleitpersonen saßen dabei im Dolby Theatre in den vorderen Bereichen, mit größerem Abstand zueinander und mussten keine Masken tragen.
Weiter hinten waren die Gäste hingegen dichter gesetzt - samt Mund-Nasen-Schutz. Dabei mussten im Vorfeld alle neben einem Corona-Impfnachweis auch zwei negative PCR-Tests vorlegen.
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