Um zu verhindern, dass noch mehr Menschen auf der Welt hungern, sollen Bauern in der EU heuer für Umweltschutz vorgesehene Ackerflächen nutzen dürfen. Dort sollten künftig Nahrungs- und Futtermittel angebaut werden können, um die Produktion zu steigern, so die EU-Kommission am Mittwoch. Zudem sollen Bauern in der EU mit knapp 500 Millionen Euro unterstützt werden.
So soll sichergestellt werden, dass sich steigende Preise etwa für Dünger und Sprit nicht auf die Ernährungssicherheit auswirken. Landwirte, die nachhaltig produzieren, sollen dabei Vorrang haben. Die Regelung ist vorerst als Notfallplan für 2022 geplant, geht aus Unterlagen der EU-Kommission hervor.
Wichtige Produzenten von günstigem Getreide
Wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine werden vor allem für ärmere Länder verheerende Folgen befürchtet. Die Ukraine und Russland sind wichtige Produzenten von günstigem Getreide - vor allem Weizen. Die beiden Länder liefern nach Angaben der EU-Kommission zusammen rund 34 Prozent des Weizens für die Weltmärkte. Importeure wie Jemen, Bangladesch, Pakistan, Sudan und Nigeria seien zum Teil bereits stark von Ernährungsunsicherheit betroffen.
9000 Hektar Brachflächen nutzbar machen
„Wir begrüßen den Schritt der EU-Kommission, die Brachflächen für die Produktion von Getreide, Mais und Soja nutzbar zu machen“, so Köstinger gegenüber der APA. Die Produktivität würde so steigen und mögliche Ertragsausfälle in der Ukraine oder Russland könnten etwas abgefedert werden. Für Österreich bedeute diese Maßnahme, dass man einen Gutteil der frei werdenden rund 9000 Hektar Brachflächen für die Produktion nutzbar machen werde.
Eine entsprechende Verordnung ist laut der Politikerin bereits vorbereitet und werde „so rasch wie möglich“ umgesetzt. Was noch fehle, sei eine EU-Eiweißstrategie für Eiweißfuttermittel in der Viehzucht, kritisierte Köstinger.
Auch Kritik aus Österreich
„Es ist wichtig, dass auf europäischer Ebene nicht überreagiert wird, es braucht keine Aufgeregtheit und künstliche Knappheitsszenarien, aus denen einige wenige Profit aus diesem Krieg ziehen würden“, so SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker. „Ich fordere Landwirtschaftsministerin Köstinger auf, sich dafür einzusetzen, dass mehr Lebensmittel-Getreide angepflanzt wird.“ Zu viel Getreide lande in Tank und Teller.
Ich fordere Landwirtschaftsministerin Köstinger auf, sich dafür einzusetzen, dass mehr Lebensmittel-Getreide angepflanzt wird.
SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker
Falsche Maßnahmen
Umweltschützer von Global 2000 und Greenpeace kritisierten, dass mit der Maßnahme an den falschen Stellen angesetzt werde. „Rund 95 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen in der Europäischen Union werden bereits bewirtschaftet“, argumentierte Greenpeace. „Bei dem kleinen Rest handelt es sich um wertvolle Biodiversitätsflächen und damit um unverzichtbare Lebensräume für Wildbienen, Vögel und Co.“
Die potenziellen zusätzlichen Erträge auf den landwirtschaftlichen Flächen der EU seien global gesehen minimal. Mehr Effekt habe es, wenn weniger Flächen für die Futter- und mehr für die Lebensmittelproduktion genutzt würden. Nach Angaben von Greenpeace werden 71 Prozent der Agrarnutzfläche in der EU dazu verwendet, Tiere zu füttern.
Kein Verständnis für Kritik
Die von manchen Gruppierungen geäußerte Kritik stieß bei der Landwirtschaftskammer (LKÖ) - die das Vorhaben der EU-Kommission begrüßte - auf kein Verständnis. Viel mehr tritt Präsident Josef Moosbrugger (ÖVP) für weiterführende Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene ein. „Die Mehrheit der Umweltschutz-Flächen, nämlich jene, die im Rahmen des Österreichischen Agrarumweltprogrammes (ÖPUL) von 80 Prozent der heimischen Betriebe besonders umwelt- und biodiversitätsfreundlich bewirtschaftet werden, bleibt weiterhin erhalten. Das ist der Großteil der heimischen Agrarflächen, was etwas ganz anderes ist. Es handelt sich dabei um rund 5000 Hektar, die im Rahmen dieser Notfallmaßnahme im Jahr 2022 ausnahmsweise zur Erzeugung von Futtermitteln verwendet werden können“, so Moosbrugger.
Auf Nachfrage wurde vom Landwirtschaftsministerium erläutert, dass es insgesamt um 9000 Hektar Brachflächen geht. Die Landwirtschaftskammer gehe davon aus, dass von diesen 9000 Hektar rund 5000 Hektar tatsächlich beackert werden können. Die restlichen Flächen seien gar nicht wirtschaftlich nutzbar.
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