Eine mögliche Ansprache des ukrainischen Präsidenten hat zuletzt für viel innenpolitische Aufregung gesorgt: Nach Einschätzung mancher verstoße eine solche gegen Österreichs Neutralität. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht hingegen kein derartiges Hindernis für eine Einladung an Wolodymyr Selenskyj. Auch die Teilnahme an der EU-Eingreiftruppe sieht er mit dem von Österreich unterzeichneten EU-Beitrittsvertrag „durchaus vereinbar“.
Im Grunde genommen stelle die EU-Eingreiftruppe eine Fortsetzung des Konzepts der schnellen Eingreiftruppe dar. Der Bundespräsident räumte aber ein, „es sind sensible Fragen“, aber „auf meiner Seite keine Alarmstimmung“, sagte er am Mittwoch nach einem Besuch bei EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Brüssel.
Präsident: Ansinnen, die gegen Neutralität sind, benennen
Zur umstrittenen Frage einer Einladung an Selenskyj, sich im Nationalrat oder bei einer Demonstration an Österreich zu wenden, sieht Van der Bellen „nicht, inwieweit das mit der Neutralität unvereinbar sein sollte. Selbst wenn Präsident Selenskyj Ansinnen an Österreich hätte, die mit der Neutralität nicht vereinbar sind, dann liegt es an uns, das dann auch zu sagen“, sagte Van der Bellen gegenüber Journalisten.
Themen in dem Gespräch mit von der Leyen seien der Ukraine-Krieg, die Energie-Situation und die Flüchtlingsfrage gewesen. „Das wichtigste ist, die Einheit der Europäischen Union zu bewahren. Die Union hat sehr rasch, sehr schnell und dezidiert reagiert, und das sollten wir auch in Zukunft tun“, sagte der Bundespräsident.
Gerade bei Energieimporten dürfe sich die EU „auf keinen Fall auseinanderdividieren lassen“, sondern sie müsse dafür sorgen, dass der Ersatz für russisches Gas so weit wie möglich gemeinsam beschafft werde. „Sonst laufen wir im Extremfall Gefahr, dass 27 Mitgliedsländer einzeln nach Katar fahren und dort verhandeln“, warnte Van der Bellen.
„Bundesheer auszuhungern, ist falsch“
Die Positionierung Österreichs im Rahmen seiner Neutralität sieht der Bundespräsident „nicht als Hauptproblem“, „sondern, dass es falsch ist, das Bundesheer wirtschaftlich und finanziell auszuhungern“. Bei dringendem Investitionsbedarf dürfe man nicht weiter zögern, „wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, darüber gibt es auch einen politischen Konsens“.
Die europaweite Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge hält Van der Bellen für „nicht unüberwindbar“. Es sei berührend zu sehen, dass vor allem Frauen und Kinder ankommen würden. Zum bevorstehenden NATO- und G7-Gipfel zeigte sich der Bundespräsident gespannt. Er wisse nicht, ob US-Präsident Joe Biden „etwas Neues anzukündigen hat“, erklärte der Bundespräsident. Bisher habe die NATO klargemacht, nicht direkt in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine eingreifen zu wollen.
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