Provokante Ansprache
Nach der Biden-Rede Warnung vor neuer Eskalation
Die provokante Ansprache des US-Präsidenten brachte ihm Lob in der Heimat ein, in Europa ist man über die verbalen Querschüsse nicht erfreut. Auch die Ukraine ist um Entspannung bemüht.
Viele Experten sprachen von einer historischen Rede von US-Präsident Joe Biden in der polnischen Hauptstadt Warschau. Vor allem in den USA sah man in der provokanten Ansprache, in der Biden Kremlchef Wladimir Putin immer wieder attackierte und als „Tyrann“ und Diktator bezeichnete, einen „Kennedy-Moment“ für den US-Präsidenten. Man verglich also die Rede mit jener von John F. Kennedy im eingeschlossenen Westberlin im Jahr 1963, als er mit den Worten schloss: „Ich bin ein Berliner.“
Weißes Haus beeilte sich mit einem Dementi
Ein gewagter Vergleich. Dennoch werden Bidens Schlussworte in die Geschichte eingehen: „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ Biden rief offen zu einem Regime-Wechsel in Moskau auf (siehe Kommentar von Kurt Seinitz), auch wenn das Weiße Haus rasch mit einem Dementi zur Hand war. Während Biden in der Heimat gefeiert wird, gibt es in Europa deutlich kritischere Worte.
Selenskyj kommt Russland entgegen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron distanzierte sich sogar von der Wortwahl des US-Präsidenten. Insbesondere dass Biden Putin einen „Schlächter“ genannt hat: „Wir dürfen nicht eskalieren, weder mit Worten noch mit Taten“, warnte Macron am Sonntag. Frankreichs Präsident ist der einzige Staatschef eines EU-Mitglieds, der eine gute Gesprächsbasis mit Putin hat und diese auch zu Vermittlungszwecken immer wieder genutzt hat. Die verbalen Querschüsse des US-Präsidenten sind für diverse Friedens-Bemühungen nicht förderlich.
Selbstverständlich reagierte der Kreml umgehend auf die Rede und warnt immer wieder vor einem Abbruch der ohnehin schon stark reduzierten diplomatischen Beziehungen mit den USA.
Nun wird eine weitere Eskalation des Krieges in der Ukraine befürchtet. Russland verlegt zwecks Truppenaustausch Soldaten an die Grenze. Das deutet auf eine neue Offensive hin.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist um Beschwichtigung bemüht. Er strebe einen Kompromiss mit Moskau im Donbass an. Er verstehe, dass es unmöglich sei, Russland vollständig aus der Ukraine zu verdrängen, da dies zu einem dritten Weltkrieg führen würde.
Bei dementsprechenden Sicherheitsgarantien vonseiten Russlands sei er zudem bereit, über eine Neutralität und einen nicht-nuklearen Status seines Landes zu sprechen. Am Montag soll es wieder dreitägige Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul geben.
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